Jahresbericht: Dem Wehrbeauftragten fehlen Zahlen

Mehr Geld sei nötig, aber zunächst brauche es ein besseres Beschaffungswesen mit mehr »IKEA-Prinzip«, meint Hans-Peter Bartels

  • Daniel Lücking
  • Lesedauer: 3 Min.

Es sei ein bisschen wie im Film »Und täglich grüßt das Murmeltier«, führte der Wehrbeauftragte Dr. Hans-Peter Bartels aus, als er in der Bundespressekonferenz in Berlin den 61. Jahresbericht präsentierte. Die wiederkehrenden Themen, wie Ausrüstung und Personalsituation, würden zwar kritisch gewürdigt und mit konstruktiven Vorschlägen versehen, in der Truppe selbst spüre man aber wenig Verbesserung, wie Bartels aus Gesprächen mit Soldaten anlässlich seiner Truppenbesuche wisse. Sein jährlicher Bericht müsse sich primär mit Mängeln befassen.

So geht es dann auch um fehlende Ausrüstungsgegenstände, die die Bundeswehr weiterhin lieber über Jahre hinweg aufwendig selbst entwickeln und mit reichlich Verspätung in die Truppe einführen würde, statt nach dem »IKEA-Prinzip« verfügbare Produkte am Markt einzukaufen. Bartels mahnt, man könne viel Geld in Projekte schütten, die sich aber erst in Jahren oder Jahrzehnten auswirken. Zunächst brauche es aber innere Reformen, und der verfügbare Etat müsse genutzt werden. So habe die Bundeswehr im Jahr 2019 bei steigendem Budget dennoch 1,1 Milliarden Euro aufgrund von Verzögerungen bei Rüstungsprojekten nicht ausgeben können.

Ein Rechenschaftsbericht fehlt

Die Trendwende im Bereich der Finanzen sei allerdings längst da. »Im vergangenen Jahr war es ein Aufwuchs um 4,7 Milliarden Euro. Das haben wir in der Größenordnung in den letzten Jahrzehnten nicht erlebt.« Bartels beklagt, dass wesentliche Zahlen aus dem Verteidigungsministerium nicht mehr verfügbar seien, seit keine Weißbücher über den Zustand der Truppe mehr veröffentlicht werden. »Wer einen Überblick über seine Zahlen hat, kann besser steuern«, kritisiert Bartels die derzeitige Praxis im Verteidigungsministerium. Die 260 000 uniformierten und zivilen Angehörigen, denen ein Haushaltsvolumen von 45 Milliarden Euro zur Verfügung steht, erfordern laut Bartels eine »ganzheitliche Rechenschaftslegung«.

Im Jahresbericht geht es regelmäßig auch um das Thema Extremismus. Nachdem im vergangenen Jahr 363 Verdachtsfälle neu hinzugekommen seien, wurden insgesamt 45 Soldaten vorzeitig entlassen. Bartels bestätigt, dass es sich dabei ausnahmslos um Rechtsextreme handelt. Fälle von Linksextremismus hatte Bartels nicht parat. Da müsse der Militärische Abschirmdienst gefragt werden, denn »Linksextremismus ist sicher nicht das Hauptsorgenthema.« Im Bereich Islamismus gebe es eine zählbare Anzahl von Fällen, denen nachgegangen werden würde.

Auffällig ist, dass der Jahresbericht 2019 im Bereich Extremismus keine Fallbeispiele aus den Reihen der Offiziere und Stabsoffiziere enthält. Zuletzt waren im Rahmen einer Kleinen Anfrage der FDP im Bundestag Zahlen bekannt geworden, nach denen 208 Offiziere in den vergangenen vier Jahren ins Visier des Militärischen Abschirmdienstes geraten waren. Der aktuelle Jahresbericht spricht von insgesamt 197 meldepflichtigen Fällen. Dazu gehören Propagandafälle, wie das Zeigen des Hitlergrußes oder ein vier Meter großes Hakenkreuz, das auf einer Kasernenwiese durch den Einsatz von Düngemitteln erzeugt wurde. Arbeitsschwerpunkt im Phänomenbereich Rechtsextremismus sei die Elitetruppe Kommando Spezialkräfte (KSK).

Gerüchte über Nachfolge

Für Bartels war es der fünfte Jahresbericht in seiner Amtszeit als Wehrbeauftragter. Eine weitere Amtszeit könne er sich durchaus vorstellen. Im Mai muss das Amt neu besetzt werden. Derzeit wird dem SPD-Politiker Johannes Kahrs nachgesagt, er interessiere sich für das Amt. Grund dafür waren Berichte der »Welt«. Befeuert werden die Gerüchte durch Kahrs› Tätigkeit im Haushaltsausschuss. Die Spekulation: Der versierte Haushälter Kahrs bereite sich so ein neues Nest. Dem Amt des Wehrbeauftragten waren insgesamt vier Stellen durch den Haushaltsausschuss des Bundestages bewilligt worden, um die der amtierende Wehrbeauftragte allerdings nicht ersucht hatte.

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