Zweite Mahnwache für Fabien

Vor zwei Jahren starb eine 21-Jährige, als ein Polizeiauto sie rammte. Hinter dem Roten Rathaus fanden sich mehr als 100 Menschen ein, um ihr zu gedenken.

  • Daniel Lücking
  • Lesedauer: 3 Min.

Zwei Jahre nach dem Tod der 21-jährigen Fabien Martini kamen am Mittwochabend unweit der Unfallstelle rund 100 Menschen zusammen, um der Familie bei der Mahnwache beizustehen. Ein Gedenken inmitten von Bauzäunen an einem Erinnerungsort, um den die Familie kämpft.

Ein normaler Verkehrsunfall war es nicht. Mit 134 km/h schoss Polizist Peter G. aus dem Grunertunnel hinter dem Roten Rathaus. Eine Blaulichtfahrt, der Beamte stand aber offenbar unter Alkoholeinfluss.

Der Renault Clio von Fabien M. wurde mit Tempo 91 direkt auf Höhe der Fahrertür getroffen. Ob sie vom Parkplatz auf dem Mittelstreifen los fuhr oder gerade einparkte, ist nicht klar. Die junge Frau verstarb noch am Unfallort.

Ein kleines Grab, dutzende Grabkerzen und ein weißes Kreuz mit der Aufschrift »Warum?« erinnern an Fabien. Am Bauzaun hängen Bilder und Lichterketten. Die ankommenden Unterstützer bringen Schleifen an, während sich der Feierabendverkehr den Weg durch die Baustelle Grunerstraße bahnt.

Hashtag Polizeifamilie

»Wir möchten endlich Gerechtigkeit für unsere Tochter, Schwester und Freundin«, fordert die Mutter von Fabien und richtet einen deutlichen Appell an die Berliner Politik: »Gerade jetzt wird massiv gegen Clankriminalität vorgegangen, aber sie sollten eine Großfamilie nicht unterschätzen: Frau Slowik und Herr Geisel. Hashtag Polizeifamilie.«

Martini spielt damit auf die Unregelmäßigkeiten an, die bei der Unfallaufnahme durch die Polizeibeamten passierten, die mutmaßlich ihren Kollegen schützen wollten.

Bei Unfällen mit Einsatzfahrzeugen gibt es ein gesondertes Prozedere. Doch bevor der zuständige Verkehrsunfalldienst damals überhaupt die Ermittlungen beginnen konnte, war Polizist Peter G. schon auf dem Weg ins Krankenhaus. Dort wurde zwar eine Blutprobe entnommen und ein Alkoholwert von 1,0 Promille festgestellt – doch die nötige zweite
Blutentnahme unterblieb. Diese wäre erforderlich, um den Blutalkoholwert zum Zeitpunkt des Unfalls gerichtsfest bestimmen zu können.

Erst durch einen anonymen Hinweis wurde Monate nach dem Unfall klar, dass die Blutprobe überhaupt genommen wurde. Damit dürfte es schwer werden, in einem Gerichtsprozess die Trunkenheit zu belegen.

Ein Verfahren gegen die Einsatzkräfte wegen Strafvereitelung im Amt war im Juni 2019 eingestellt worden. Es konnte nicht nachgewiesen werden, dass die Beamten Anzeichen für Alkoholkonsum übersehen hätten.

Verhandlungstermin nicht in Sicht

Die Verzweiflung über die auch nach zwei Jahren immer noch nicht geklärte Schuldfrage, ist bei den Angehörigen deutlich zu spüren. Der Anwalt der Familie, Matthias Hardt, ist verwundert über die Verzögerung. Seiner Auffassung nach hätte das Verfahren wegen Gefährdung des Straßenverkehrs und fahrlässiger Tötung gegen Peter G. längst geführt und abgeschlossen sein können. Warum in einer Strafsache zunächst ein Schöffengericht mit dem Fall betraut wird, und sich scheinbar kein Richter findet, der bereit wäre das Strafverfahren zu führen, kann sich Hardt nicht erklären. Er geht von weiteren Monaten aus, bis eine Verhandlung beginnt.

Unterstützung erfährt Familie Martini durch das Bündnis aus VCD, FUSS e.V. und Changing Cities e.V., die eine Ombudsperson für Betroffene nach Verkehrsunfällen fordern und die Umsetzung der »Vision Zero« aus dem Mobilitätsgesetz wollen. Also dem Ziel, dass es keine Verkehrstoten mehr in Berlin gibt. »Wie lange noch wollen wir uns ein Verkehrssystem leisten, das jährlich 40 Tote fordert?«, fragte Heiner von Marschall vom Verkehrsclub VCD-Nordost. »Allein in der ersten Woche dieses Jahres gab es drei Verkehrstote. Der erste Monat ist noch nicht vorbei und wir sind bei sechs.«

Wie der Tagesspiegel berichtete, äußerte nun der Anwalt des Polizisten, der Tod von Fabien Martini tut Peter G. »unendlich leid«.

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