Werbung

Tanzend gegen Gewalt an Frauen

Feministinnen gedenken mit einer Performance der getöteten Maria und klagen patriarchale Strukturen an

  • Lola Zeller
  • Lesedauer: 3 Min.

»Das Problem sind nicht wir, das Problem ist das System«, singen die zwölf Frauen mit Augenbinde und zeigen in Richtung der nahe gelegenen Polizeiwache. Die Aktivistinnen von »Women Defend Rojava Berlin« (Frauen verteidigen Rojava) haben sich am Samstagnachmittag vor dem Wohnhaus von Maria in Friedrichshain versammelt, die dort am 24. Januar von Polizisten erschossen wurde. Ihre Aktion ist eine Abwandlung der feministischen Tanzperformance des chilenischen Kollektivs »Las Tesis«, die im vergangenen Jahr um die Welt ging, um Gewalt gegen Frauen anzuprangern. »Der Mörder bist Du!« rufen die Feministinnen in Richtung der Polizist*innen.

»Mitten in unserer Gesellschaft wurde eine Genossin von uns erschossen«, sagt Anna, Aktivistin bei »Women Defend Rojava«, die ihren Nachnamen lieber nicht in der Zeitung lesen möchte. Sie ist bei der Aktion dabei, um Maria zu gedenken und öffentlich auf ihre Tötung aufmerksam zu machen. »Das ist auch eine Mahnung an den Staat, an die Exekutive: Hört auf, unsere Leute zu erschießen!«, sagt Anna. Während die Polizei von Notwehr ausgeht, spricht die Aktivistin von Mord. Marias Erschießung müsse, wie auch andere von der Polizei verursachte Tode, endlich aufgearbeitet werden, fordert sie.

Ebenso wichtig sei jedoch, dass sich Frauen* darüber bewusst werden, dass sie sich nicht auf Staat und Polizei verlassen können. »Wir müssen uns selbst schützen«, sagt Anna. Es käme jetzt darauf an, Strukturen zur Selbstverteidigung aufzubauen, aber auch, Menschen in schwierigen psychischen Situationen, wie Maria vor ihrer Ermordung, in der linken Community aufzufangen. »Wir dürfen nicht mehr auf staatliche Strukturen zurückgreifen.«

Die Aktivistinnen führen die Performance dreimal in Friedrichshain auf: Zuerst am Boxhagener Platz, wo besonders viele Menschen zuschauen, dann vor Marias Wohnung und zum Schluss direkt vor der Polizeiwache in der Wedekindstraße. »Wir wollen Marias Mörder direkt vor ihrer Tür anklagen«, sagt Anna. Ob Beamte in der Wache überhaupt etwas von der Aktion mitbekommen haben, bleibt fraglich. Herausgekommen ist jedenfalls keine*r.

An den ersten beiden Stationen schauen die Passant*innen dafür interessiert zu und lesen sich das Flugblatt zur Aktion durch. Dort werden die Umstände von Marias Tod erklärt und aus feministischer Perspektive politisch eingeordnet. »Mit diesem Mord bleibt es nicht bei einem Gefühl, sondern es wird zur Realität, für jede Frau* dieses Landes, ob privilegiert oder nicht, egal ob von häuslicher Gewalt betroffen oder nicht, wir sind auf uns gestellt«, heißt es dort.

Tanja, ebenfalls Aktivistin bei »Women Defend Rojava«, erklärt, warum sich ihre Gruppe mit dem Tod von Maria auseinandersetzt: »Wir sind ein Zusammenschluss vieler Feministinnen aus Berlin und verstehen den Mord als einen Angriff auf uns alle, als Frauen und Antifaschistinnen.« Mit der Aktion wollen sie darauf hinweisen, dass der Kampf gegen die männliche Herrschaft überall auf der Welt stattfindet. »Nicht nur in Lateinamerika gehen Frauen gegen das Verschwinden von Frauen, Vergewaltigungen und Feminizide auf die Straße. Nicht nur in Rojava kämpft die Bewegung gegen die patriarchal militärische Gewalt der türkischen Armee, auch hier in Berlin hat ein Feminizid stattgefunden«, sagt Tanja.

- Anzeige -
Dazu passende Podcast-Folgen:

Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.

Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.

Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.

Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.