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Kramp-Karrenbauer verzichtet auf Kanzlerkandidatur und CDU-Vorsitz
Dietmar Bartsch: »Folgerichtiger Schritt« / Katja Kipping: Kampf um Nachfolge wird Richtungsauseinandersetzung
Berlin. Das politische Erdbeben, dessen Epizentrum in der letzten Woche in Thüringen lag, schickt nun auch seine Wellen bis nach Berlin. Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) trat am Nachmittag im CDU-Präsidium vor die Presse. Sie gab bekannt, dass sie bis zur Entscheidung über die Frage nach der Kanzler*innen-Kandidatur im Amt als Parteivorsitzende bleiben wolle.
Der Prozess um die Kandidatur solle frei gestaltbar sein. In der Frage um die Ministerpräsidentenwahl in Thüringen brachte Kramp-Karrenbauer zum Ausdruck, die CDU-Kreise stünden immer noch hinter ihr und schloss erneut eine Zusammenarbeit mit der AfD und auch den Linken aus. Auswirkungen auf die Stabilität der Großen Koalition habe die aktuelle Diskussion aus ihrer Sicht nicht.
SPD-Parteichef Norbert Walter-Borjans kommentierte, die Entwicklung an der CDU-Spitze sei »sehr besorgniserregend«. Die CDU müsse ihr Verhältnis zu Rechtsextremisten, sowie zur Werteunion klären.
Nach der Aufstellung des FDP-Kandidaten Thomas Kemmerich war es vergangene Woche zur Wahl eines FDP-Ministerpräsidenten mit den Stimmen von CDU, FDP und AfD gekommen. Es war ein Tabubruch, der für Demonstrationen sorgte und der letztlich die Machtverhältnisse in der CDU verschoben hatte.
Seit den ersten Meldungen am Morgen kommentierten zahlreiche Politiker*innen die Vorgänge an der CDU-Spitze. Linken-Parteichefin Katja Kipping hat die Befürchtung geäußert, dass die CDU nach dem angekündigten Rückzug ihrer Vorsitzenden Annegret Kramp-Karrenbauer Kurs auf eine Koalition mit der AfD nimmt. »AKKs Verdienst war, dass sie die Abgrenzung der Union nach rechts gehalten und damit die Seele der Union bewahrt hat«, sagte Kipping am Montag der Nachrichtenagentur AFP in Berlin. »Der Kampf um AKKs Nachfolge wird eine Richtungsauseinandersetzung«, fügte die Linken-Vorsitzende hinzu. Komme nun Friedrich Merz, »dann wird die CDU bald mit der AfD koalieren«.
Parallelen zur Entwicklung der SPD?
Linken-Fraktionschef Dietmar Bartsch sieht in dem angekündigten Rückzug der CDU-Vorsitzenden Annegret-Kramp-Karrenbauer einen »folgerichtigen Schritt«. »Diese ehemals große Koalition war von Anfang an ein Fehler und schlecht für das Land«, sagte Bartsch der Nachrichtenagentur AFP am Montag in Berlin. Es gebe »erstaunliche Parallelen« zum Rückzug der früheren SPD-Partei- und Fraktionschefin Andrea Nahles: »Nach einem Jahr von der eigenen Partei zum Rückzug gezwungen.« Zuvor war bekannt geworden, dass Kramp-Karrenbauer nach den Querelen um Thüringen den Parteivorsitz in absehbarer Zeit abgeben und auf die Kanzlerkandidatur verzichten will.
Bundeskanzlerin Angela Merkel will Annegret Kramp-Karrenbauer (beide CDU) auch nach dem angekündigten Rückzug vom Parteivorsitz im Kabinett behalten: In der Sitzung des CDU-Präsidiums am Montagmorgen habe sich die Kanzlerin ausdrücklich dafür ausgesprochen, dass Kramp-Karrenbauer im Amt der Bundesverteidigungsministerin bleibe, erfuhr AFP aus Parteikreisen. Merkel habe der scheidenden CDU-Vorsitzenden »großen Dank ausgesprochen«.
Ex-Unionsfraktionschef Friedrich Merz hat sich zunächst zurückhaltend geäußert. »In so einer Situation ist kluges Nachdenken wichtiger, als schnell zu reden«, ließ der CDU-Politiker am Montag seinen Sprecher auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur mitteilen. Der 2018 gegen Kramp-Karrenbauer bei der Wahl zum Parteivorsitz unterlegene Merz gilt nach wie vor als möglicher CDU-Chef und Kanzlerkandidatur. Er hat sich beide Entscheidungen bislang offen gehalten.
Christian Lindner (FDP) entgegnete auf die Frage, ob er eine persönliche Mitverantwortung am Wechsel der CDU-Parteispitze sehe, so: »Das ist eine innere Angelegenheit der CDU.« Lindner sprach sich für die Einsetzung einer unabhängigen Person im Amt des Ministerpräsidenten in Thüringen aus, die eine unabhängige Wahl organisieren müsse.
SPD warnt vor CDU-Rechtsruck
In der SPD gibt es nach dem angekündigten Rückzug Annegret Kramp-Karrenbauers vom CDU-Vorsitz Befürchtungen wegen eines drohenden Rechtsrucks der Partei. SPD-Vorstandsmitglied und Außen-Staatsminister Michael Roth nannte die Entwicklungen in der CDU im Internetdienst Twitter am Montag »beunruhigend«.
Es werde jetzt »noch ungewisser, ob anständige Demokratinnen und Demokraten parteiübergreifend zusammenstehen im Kampf für Demokratie und gegen Nationalismus«, schrieb Roth weiter. Er spielte damit offensichtlich auf Äußerungen einiger CDU-Politiker an, die das Nein der Partei zu einer Zusammenarbeit mit der AfD in Frage stellen.
Bundeskanzlerin Angela Merkel sagte zur Entscheidung von Annegret Kramp-Karrenbauer: »Ich hab diese Entscheidung heute mit allergrößtem Respekt zur Kenntnis genommen, sage aber auch, dass ich sie bedauere.«
Agenturen/nd
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