Grenzenlos

»Die Freiheit der Liebe« von Michael Jeismann

  • Harald Loch
  • Lesedauer: 2 Min.

Liebe ist eines der kostbarsten Güter der Menschheit. Überschreitet sie Grenzen, wird sie seit Jahrtausenden mit Zöllen belegt, oft mit Verboten. Gesellschaften, Religionen, Länder wollen unter sich bleiben, vertreten eine Autarkie-Haltung in Sachen Liebe. Wenn Menschen, die sich lieben und eine Familie bilden wollen, aus unterschiedlichen Gesellschaftsschichten oder Religionen kommen, werden Hürden errichtet. Alle leiden darunter, vor allem aber die Kinder.

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Michael Jeismann: Die Freiheit der Liebe. Hanser, 350 S., geb., 26 €.

Hiervon handelt das Buch »Die Freiheit der Liebe« des an der Humboldt-Universität zu Berlin lehrenden Historikers Michael Jeismann. Seine »Weltgeschichte« der unterschiedlichen Paare schöpft aus ältesten literarischen Quellen, nennt aktuelle Beispiele, erzählt Geschichten aus der Geschichte neu. Immer geht es um Abwehr und Neugier, um das Höchstpersönliche der Liebe versus übergeordneter »Raison«. Es geht um das individuelle, manchmal inzwischen auch das kollektive Durchsetzen dessen, was der Autor als von Hannah Arendt formuliertes Motto seinem Buch voranstellt: »Das Recht zu heiraten, wen man will, ist ein elementares Menschenrecht.«

Jeismann geht den Heiratsverboten von frühester Zeit bis zur Gegenwart anhand ausgewählter Beispiele nach und zeigt: Die »Rassen«gesetze der Nazis setzten eine lange Tradition in mörderischer Weise fort. Jeismann widmet sich aber auch dem Schicksal der Kinder solcher Paare, die vor allem in Kriegs- und Besatzungszeiten gezeugt wurden, aber selten in einer intakten Familie aufwachsen konnten.

Nationalismus und erwachter religiöser Rigorismus, ja selbst der bevorstehende Brexit schaffen neue Hürden, neues Leid, ändern aber nichts an der alle solche Grenzen überwindenden Liebe einzelner Paare. Das Menschenrecht, zu lieben, wen man will, ist jedoch noch immer keine Selbstverständlichkeit.

Michael Jeismann hat in seinem faktenreichen und glänzend geschriebenen Buch den Finger in diese Wunde gelegt, die seit dem Gilgamesch-Epos schwärt. Er zitiert als weiteres Motto für sein Buch aus »Angst essen Seele auf« von Rainer Werner Fassbinder: »Das Glück ist nicht immer lustig«.

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