Kollidieren die Impf- und die Schulpflicht?

Seit 1. März 2020 gilt die Masern-Impfpflicht

  • Lesedauer: 3 Min.

Allerdings sieht die Gewerkschaft GEW Thüringen bei der Umsetzung in Schulen und Kindergärten noch offene Fragen. Das gelte beispielsweise für eine Kollision von Impfpflicht und Schulpflicht, so GEW-Sprecher Michael Kummer. »Was passiert dann mit Impfverweigerern?« Es sei zu befürchten, dass die Schulen hier vor einem Dilemma stehen könnten.

Die Impfpflicht gegen Masern betrifft Kinder, die neu in einem Kindergarten oder einer Schule angemeldet werden, ebenso wie solche, die die Einrichtungen bereits besuchen. Bei Letzteren müssen die Eltern den Impfnachweis erst bis zum 31. Juli 2021 vorlegen. »Das zu kontrollieren, ist mehr Aufwand für die Einrichtungen und auch mehr Verantwortung«, sagte Bettina Löbel, von der GEW Thüringen. Es sei unklar welche Konsequenzen Kindergärten drohen, die die fehlende Impfung im Impfausweis übersehen. Aus Sicht der Gewerkschaft sollten lieber die Gesundheitsämter die Kontrolle übernehmen. Anders als Erzieher verfügten diese über medizinische Fachkompetenz.

Grundsatzdiskussionen mit Eltern über die Impfpflicht hingegen erwarten weder die GEW noch Träger von Kindergärten. So verweisen beispielsweise das Deutsche Rote Kreuz (DRK) und das Jugendsozialwerk darauf, dass die meisten Kinder in Thüringen ohnehin gegen Masern geimpft seien. Von »Hundertschaften von Impfgegnern« könne in den Einrichtungen keine Rede sein, sagte der Sprecher des Jugendsozialwerks, Franz Funkel. Es betreibt in Thüringen nach eigenen Angaben 24 Kindereinrichtungen mit 3100 Plätzen.

Aus Sicht des DRK, Träger von 92 Kindergärten mit 5900 Plätzen im Freistaat Thüringen, stärkt die gesetzlich festgeschriebene Masern-Impfpflicht die Position von Kindergärten. »Die Rechtsgrundlage ist klar«, betonte Sprecher Carsten Bley. »Bisher durften Kindergärten ungeimpfte Kinder nicht ablehnen, jetzt müssen sie das.« Wie die GEW erwartet das DRK einen erhöhten Verwaltungsaufwand für die Kitas, da diese nun auch nachprüfen müssten, ob ausstehende Impfungen nachgeholt werden.

Die Masern-Impfpflicht gilt nicht nur für Kinder ab einem Jahr, die eine Gemeinschaftseinrichtung besuchen. Auch ab 1970 geborene Mitarbeiter in Kindergärten, Schulen und Krankenhäusern müssen sich gegen die extrem ansteckenden Masern impfen lassen. Bei Verstößen drohen bis zu 2500 Euro Bußgeld. Im vergangenen Jahr gab es nach Zahlen des Berliner Robert-Koch-Instituts fünf Masernfälle in Thüringen.

Doch die Masern-Impfpflicht offenbart auch Probleme: Während Kitas und Tagesmütter ungeimpfte Kinder abweisen sollen, ist das bei Schulen wegen der Schulpflicht nicht möglich, so ein Sprecher des Gesundheitsministeriums in Schwerin. Wird dort ein ungeimpftes Kind festgestellt, werde das Gesundheitsamt informiert, das wiederum Kontakt zu den Eltern aufnehme. In letzter Konsequenz droht ein Bußgeld.

Masern gelten als eine der ansteckendsten Infektionskrankheiten. Als bester Schutz gilt eine hohe Durchimpfungsrate der Bevölkerung von 95 Prozent. Mecklenburg-Vorpommern erreicht mit 95,5 Prozent bei den Erstklässlern als einziges Bundesland neben Brandenburg diese Quote. In den letzten 19 Jahren wurden im Nordosten laut Landesamt für Gesundheit und Soziales lediglich 49 Infektionen registriert. Das seien mit Abstand die wenigsten Masern-Erkrankungen aller Bundesländer. dpa/nd

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