Geld für die Krankenhäuser, Druck fürs Personal

Die geplante Entlastung spart die schon länger gestressten Beschäftigten aus

  • Ulrike Henning
  • Lesedauer: 3 Min.

Klinikkapazitäten werden in der aktuellen Krise ausgebaut, Arztpraxen müssen auch Covid19-Patienten behandeln und Pflegeeinrichtungen der Ausbreitung des Virus vorbauen. Das Bundeskabinett hatte sich in der letzten Woche daher auf Maßnahmen verständigt, um Einnahmeausfälle zu kompensieren und Bürokratie abzubauen. Zusammengefasst ist alles unter dem Begriff Covid19-Krankenhausentlastungsgesetz.

Die Regelungen, die nun am Mittwoch verabschiedet wurden, enthalten Maßnahmen, um die Finanzierung der Krankenhäuser sicherzustellen und dafür zu sorgen, dass sie liquide bleiben. Hier war nach heftigem Widerspruch aus der Branche nachgebessert worden. Nun sollen Kliniken für verschobene planbare Operationen und Behandlungen einen finanziellen Ausgleich aus der Liquiditätsreserve des Gesundheitsfonds erhalten, genauer 560 Euro pro Tag. Dieser wird aus dem Bundeshaushalt refinanziert.

Für jedes Intensivbett mit Beatmungsmöglichkeit, das die Krankenhäuser zusätzlich schaffen, erhalten sie einen Bonus in Höhe von 50 000 Euro. Hierfür waren zunächst nur je 30 000 Euro vorgesehen. Experten der Intensivmedizin kalkulieren aber den Aufwand für ein vollwertiges Intensivbett mit 85 000 Euro pro Platz. Den Kliniken bleibt demnach ein Finanzierungsrisiko. Das könnte eventuell noch verringert werden, wenn Bundesländer einen Teil der Medizintechnik kostenlos bereitstellen.

Für Mehrkosten, insbesondere bei persönlichen Schutzausrüstungen, bekommen Krankenhäuser vom 1. April bis zum 30. Juni 2020 einen Zuschlag je Patientin und Patient in Höhe von 50 Euro. Er kann bei Bedarf verlängert und angehoben werden. Der vorläufige Pflegeentgeltwert wird um rund 38 Euro auf 185 Euro pro Tag erhöht.

Ausgesetzt werden die Untergrenzen beim Pflegepersonal, das hatte das Gesundheitsministerium schon Anfang März verfügt. Dieser Schritt zeigt, dass sich die Krankenhäuser mit ihrer Sicht der Dinge zunächst durchgesetzt haben. Schon lange vor Corona hatten sie argumentiert, dass sie Untergrenzen nur in den Kliniken insgesamt - und nicht für jede einzelne Station - einhalten könnten. Alles andere sei zu bürokratisch und nicht praxisgerecht. Die Verschiebung von Personal nach aktuellem Bedarf innerhalb der Krankenhäuser wird also aktuell kaum noch eingeschränkt.

Diese Untergrenzen sind aber eine wichtige Voraussetzung für ein Minimum an Patientensicherheit, gerade auch, wenn die Kliniken weiter unter Druck geraten. Im aktuellen Stress - der nach Ansage der Kliniken durch eine absehbare erhöhte Aufnahme von Corona-Patienten in acht bis zehn Tagen noch einmal zunehmen wird - müssten eigentlich Prioritäten gesetzt werden, meint der Verein demokratischer Ärztinnen und Ärzte (Vdää). Bereits im Normalbetrieb führt die massive Arbeitsverdichtung durch Steigerung der Fallzahlen bei immer kürzeren Liegedauern zu inakzeptablen Belastungen der Krankenhausmitarbeiter. »Die 2019 eingeführten Personaluntergrenzen liegen immer noch unter der für das Personal verträglichen Schmerzgrenze und haben - ungeachtet der jetzigen Diskussion - das Potenzial, die Missstände zu zementieren, wenn die Untergrenze von den Geschäftsführungen als neuer Standard gesetzt wird«, erklärte Thomas Kunkel, Krankenhausarzt und Ko-Vorsitzender des vdää. Diese prekäre Situation zu verschärfen, um weiterhin Profite machen zu können, sei medizinisch unverantwortlich gegenüber den Patienten und unseren Kolleginnen und Kollegen in Pflege und ärztlichem Dienst.

Am Montag hatte die Krankenhausgesellschaft (DKG) noch kritisiert, dass die Finanzierung der Kliniken auch im gegenwärtigen Ausnahmezustand weiter im Rahmen der vorhandenen, komplexen Abrechnungssysteme erfolgen solle. »Wir sind unverändert der Auffassung, dass monatliche Abschlagszahlungen das bessere Konzept der Krisenfinanzierung wäre«, so DKG-Präsident Gerald Gaß.

Das Gesetz enthält zudem Regelungen für die ambulante Versorgung. Die niedergelassenen Ärzte und Psychotherapeuten erhalten Ausgleichszahlungen, wenn sich infolge der Pandemie Honorareinbußen ergeben. Zudem wird die Finanzierung von außerordentlichen Maßnahmen, wie etwa die Einrichtung von »Fieberambulanzen« gesichert. Enthalten sind auch Regelungen für die pflegerische Versorgung und alle dort Beschäftigten. Hier sollen ebenfalls finanzielle Mehrausgaben und Mindereinnahmen über die Pflegeversicherung erstattet werden. Bürokratische Anforderungen und Begutachtungspflichten werden zeitweise ausgesetzt. Pflegekassen wird ein größerer Gestaltungsspielraum zur Vermeidung von pflegerischen Versorgungslücken in der häuslichen Versorgung eingeräumt.

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