Was geht? Das geht:

Wir feiern die neue Bleib-zuhause-Kultur: Heute mit Bob Dylan

  • Thomas Blum
  • Lesedauer: 3 Min.

Was soll man tun, wenn man jetzt so viel zu Hause bleiben muss?

Den neuen Dylan-Song hören!

Was geht? Das geht.
Runter vom Sofa und rein ins Internet: "nd" gibt einen Überblick, was in Zeiten der Coronakrise kulturell los ist.

Die traditionelle Verleihung des Literaturnobelpreises an einen weitgehend talentfreien Mummelgreis konnte ja auch im Jahr 2016 nicht verhindert werden, was zur Folge hatte, dass damals der weltbekannte US-amerikanische Schlagersänger Bob Dylan (»Blowin’ in the Wind«) den Preis bekam. Diese Ehrung seines Schaffens muss den beliebten Hobbypoeten seinerzeit dazu ermutigt haben, auch weiterhin keine Ruhe zu geben. Und jetzt, wo alle Künstler ihre frischesten Erzeugnisse ins Internet kippen, hat auch Dylan sich dieser Methode zur Verbreitung seines neuesten, allerdings bereits »vor einer Weile« aufgenommenen Machwerks bedient: Fast 17 Minuten dauert sein neues Lied »Murder Most Foul«, das thematisch um das Attentat auf John F. Kennedy kreist. Puh! Naja, die Leute haben ja viel Zeit gerade.

Erwartungsgemäß werden das Werk , »Dylans erste Eigenkomposition seit acht Jahren« (»Die Zeit«), und sein Schöpfer vom Feuilleton liebedienerisch umschmeichelt: »Ein großer Song über die sechziger Jahre, über uramerikanische Hoffnungen und Träume und deren Zerplatzen«, jubelt die »FAZ«, während die »Süddeutsche Zeitung« Dylan »mit groben Strichen ein amerikanisches Panorama der letzten sechzig Jahre« entwerfen sieht. Die Wochenzeitung »Freitag« meint, Dylan breite »einen lyrischen Teppich aus, auf dem er nicht weniger als das 20. Jahrhundert zu Grabe trägt«, und die »Zeit« raunt ehrfurchtsvoll, Dylans ungelenkes Gewackel markiere »den womöglich letzten großen Moment des ultimativen Popgroßkünstlers«.

Stimmlich ist der Mann, der im Mai dieses Jahres 79 Jahre alt wird, offenbar nicht mehr ganz auf der Höhe, wie es scheint: »Dylans Stimme trägt die Last von 60 Karrierejahren, sie kriecht aus einer Zwischenwelt von Gesang und gesprochenem Wort herüber« (»Die Zeit«). Doch auch was die Instrumentierung angeht, ist hier nicht die ganz große Raffinesse am Werk: »17 Minuten Klaviergeklimper und viel, sehr viel Text: Das kann zur Geduldsprobe werden, selbst wenn man nicht während der Coronakrise zu Stubenarrest und Heimarbeit verdammt ist«, heißt es in der Deutschland-Illustrierten »Der Spiegel«.

Wenn man also Musik im Netz genießen will, dann doch lieber so wie auf der Webseite des legendären Montreux Jazz Festivals, das – weil das Festival dieses Jahr möglicherweise aus den bekannten Gründen ausfallen muss – über 50 vollständige Konzerte von Musikerinnen und Musikern aus dem Archiv geholt und online gestellt hat. Dabei handelt es sich um eine lobenswerte Großtat. Danke, liebes Montreux Jazz Festival! Jetzt kann man Konzerte von solchen Künstlern streamen, die man schon immer mal live sehen und hören wollte (Talk Talk, Nina Simone, Quincy Jones), oder von solchen, die man auf gar keinen Fall sehen oder hören möchte, weder live noch als Konserve: Herbert Grönemeyer, Jethro Tull, Phil Collins. Toll! tbl

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