• Politik
  • Demokratieabbau in Ungarn

Nach dem Parlament will Orbans Fidesz die Bürgermeister entmachten

Universitäten sollen Selbstverwaltung verlieren / Bürger sollen ihr Geschlecht nicht mehr ändern dürfen

  • Lesedauer: 2 Min.

Budapest. Die ungarische Regierung von Ministerpräsident Viktor Orban will jetzt auch Kompetenzen der Bürgermeister beschneiden. Zuvor hatte sie zur Bewältigung der Corona-Krise bereits außerordentliche Vollmachten vom Parlament erhalten. Orbans Stellvertreter Zsolt Semjen brachte in der Nacht zum Mittwoch im Parlament den Entwurf eines Gesetzes ein, das in Zeiten des Notstands den gewählten Bürgermeistern Entscheidungsbefugnisse entzieht und auf sogenannte Schutzkommissionen überträgt. Deren Mitglieder ernennt die Regierung.

In Ungarn gilt wegen der Corona-Pandemie seit dem 11. März der Notstand. Bei den Kommunalwahlen im vergangenen Oktober waren die Hauptstadt Budapest und viele Großstädte an die Opposition gefallen. Das geplante Gesetz sieht vor, dass die Bürgermeister alle von ihnen getroffenen Maßnahmen im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie der jeweils zuständigen territorialen Schutzkommission vorlegen müssen. Diese hat fünf Tage Zeit, um die Maßnahme zu billigen oder abzulehnen.

Das ungarische Parlament hatte erst am Montag ein Notstandsgesetz beschlossen, das es Orban ermöglicht, zeitlich unbefristet und ohne parlamentarische Kontrolle auf dem Verordnungsweg zu regieren. Das nunmehr eingeleitete Gesetzesvorhaben soll aber weiterhin den parlamentarischen Weg gehen. Orbans rechtsnationale Regierungspartei Fidesz verfügt in der Volksvertretung über eine Zweidrittelmehrheit, die nötig ist, um Gesetze im Verfassungsrang ändern zu können.

Der von Vize-Premier Semjen eingereichte Entwurf soll auch andere Bereiche neu regeln. So soll es den Bürgern künftig untersagt sein, ihr bei der Geburt registriertes Geschlecht zu ändern. Außerdem sollen sechs Universitäten ihre Selbstverwaltung verlieren und Stiftungen unterstellt werden, deren Kuratorien die Regierung ernennt. dpa/nd

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.