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  • Pornographie und Jugendschutz

Altersbeschränkung vs. Aufklärung

Medienaufseher fordern Porno-Portale auf, Jugendschutzvorgaben einzuhalten

  • Birthe Berghöfer
  • Lesedauer: 3 Min.

Deutsche Medienaufseher, allen voran die Landesanstalt für Medien (LfM) in Nordrhein-Westfalen, wollen Pornographie-Anbieter im Internet dazu zwingen, wirksame Altersbeschränkungen einzuführen. Zunächst sollen die reichweitenstärksten Anbieter ihre deutschsprachigen Angebote jugendschutzgerecht gestalten. Ein entsprechender Bescheid an den Marktführer Pornhub sei bereits verschickt, so LfM-Chef Tobias Schmid.

»Der Jugendschutz macht keinen Sinn, wenn jedes Kind vom Kikaninchen zu Pornhub wechseln kann«, sagte Schmid. Auch könne man nicht auf der einen Seite im Fernsehen jeden Trailer kontrollieren, im Netz hingegen Kinder ungefiltert mit »abnormalen Sexualpraktiken« konfrontieren. Für einen Zehnjährigen seien viele Standard-Angebote im Netz und harte Pornographie nicht altersgemäß und der Verdacht naheliegend, dass sich da Wertegrenzen verschieben. »Wenn bei Kindern der Eindruck entsteht, Gangbang ist eine normale Sexualpraktik, in der die Frau benutzt und gedemütigt wird, dann ist das sicherlich ein extremes Problem«, so der Chef der Landesanstalt NRW. Gangbang ist eine Form des Gruppensex, bei der meist mehrere Männer abwechselnd eine Frau penetrieren.

Die Kulturwissenschaftlerin und Pornoforscherin Madita Oeming ist mit dem Vorschlag von Schmid nicht einverstanden. Sie meint, Kinder schütze man vor allem durch Aufklärung. In einem Twitter-Thread nimmt sie die Offensive der Medienaufseher auseinander. Altersbeschränkungen zu umgehen, sei für viele Kinder und Jugendliche eine Leichtigkeit und Digital Natives an dieser Stelle nicht zu unterschätzen. Auch finde man Offline-Varianten pornografischer Inhalte. Selbst ungefragte Konfrontation mit Inhalten durch beispielsweise die Peer Group, könne kaum verhindert werden, so Oeming. »Es ist unmöglich, Minderjährige gänzlich von pornografischen Inhalten abzuschotten! Deshalb müssen wir sie anders schützen: mit Aufklärung!«

Grundsätzlich ist die Sexualaufklärung Jugendlicher Bestandteil des schulischen Bildungsauftrags. Bemängelt wird dabei oft, dass nicht nur Wissen über Schwangerschaft und Geschlechtskrankheiten vermittelt werden darf, sondern auch über Lust sowie sexuelle Orientierung. Wie die »taz« berichtete, findet sich bei etwa 80 Schulbuchverlagen in Deutschland lediglich ein Band, in dem die gesamte Klitoris abgebildet wird. Von dem Organ, das bei Frauen für die sexuelle Befriedigung verantwortlich ist, wird meist lediglich der Kitzler gezeigt. Nicht zuletzt die Diskussion um Consent, um einvernehmlichen Sex und das Abfragen und Respektieren sexueller Grenzen anderer, wird immer intensiver eingefordert.

Wissenschaftlerin Oeming kritisiert an den Worten des LfM-Chefs vor allem die Wertung und Pathologisierung von »abnormalen Sexualpraktiken«, die Frauen ausschließlich »benutzt und demütigt«, sowie ein überholtes Narrativ der Frau als Opfer, das zudem weibliche Sexualität ausklammere. »Auch bei einem Gangbang handelt es sich um eine vielleicht seltenere, aber keineswegs abnormale Praxis, bei der auch eine Frau im kontrollierten Setting nach Abstecken ihrer Grenzen verschiedene Fantasien erfüllen kann. Passiert dies uneinvernehmlich, ist das sexuelle Gewalt«, twittert sie. Pornographie sei nicht zwangsläufig schlecht, sondern könne dabei helfen, die eigene Sexualität, Vorlieben, Fantasien und den eigenen Körper zu entdecken. »Insbesondere queere Menschen, die ihre Sexualität im Mainstream kaum reflektiert sehen, beschreiben immer wieder, wie zentral Pornos in ihrer Selbstfindung und Selbstakzeptanz waren«, so Oeming.

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