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»Eine Pressemitteilung ist kein Kommunistisches Manifest«
Aktivist*innen von »Ende Gelände« legen ein »Handbuch Pressearbeit« vor. Es hat das Potential zum Standardwerk für jede gute Kampagnenvorbereitung zu werden.
Als Journalist stehe ich oft vor dem Problem, dass ich von einer spannenden politischen Aktion erfahren oder sie sogar begleitet habe und mir dann eine Einschätzung der Organisator*innen fehlt. »Wir müssen das erst intern auswerten«, heißt es dann gerne. Auf die Frage »Wann macht ihr das?«, folgt dann die Antwort: »Bei unserem nächsten Plenum.« Wenn ich einen solchen Dialog geführt habe, kann ich mir sicher sein, dass die Einschätzung der veranstaltenden Gruppe keinen Platz mehr in meinem Text finden wird. Sie wird zu spät kommen. Deswegen, liebe Polit-Gruppen, merkt euch: »Eure Aktion von letzter Woche ist kalter Kaffee«, einen Satz aus dem »Handbuch Pressearbeit – Soziale Bewegungen schreiben Geschichte*n«, das jetzt im Unrast Verlag erschienen ist.
Acht Menschen, die in den letzten fünf Jahren in der Pressegruppe des Anti-Kohle-Bündnisses »Ende Gelände« waren, haben für das Buch ihre Erfahrungen aufgeschrieben, geben praktische Tipps und reflektieren, welche Relevanz Pressearbeit für Bewegung hat und was sie mit den handelnden Personen macht.
Vieles was die Autor*innen aufgeschrieben haben, kann in zahlreichen Büchern und bei zig Workshops gelernt werden. Zum Beispiel wie man eine Pressemitteilung sinnvoll aufbaut, welchen Sinn ein Pressespiegel hat oder wie Social Media sinnvoll eingesetzt werden kann. Das ist alles gut und eine Grundlage für Pressearbeit. Die wirklichen Stärken des Buches liegen aber in anderen Punkten. Im ersten Teil des Buches erklären die Autor*innen wie wichtig es für Bewegungen ist eine Geschichte zu erzählen und eine Vorstellung darüber zu haben, wie diese gedeutet werden soll. Den Aufbau einer Geschichte vergleichen sie mit dem Bau eines Hauses, mit dem Fundament wird angefangen. Auch warum es für ein antikapitalistisches Bündnis sinnvoll sein kann, sich auf die Mechanismen der bürgerlichen Presse einzulassen, erklären die Autor*innen.
Der spannendste Teil des Buches ist es aber, in dem über die Rolle einer Pressegruppe geschrieben wird, welches Gewicht sie in einem Bündnis hat und welche Erfahrungen Sprecher*innen dabei machen und wie damit umgegangen wird. Soll eine Person »Gesicht« einer Bewegung sein, besteht die Gefahr, dass sie arrogant wird? Und wie wird mit sexistischen und rassistischen Sprüchen umgegangen, die auch von Journalisten kommen? Welche Strategien können gegen personalisierten Hass im Netz entwickelt werden? Fragen, die sich Aktivist*innen, die in der Öffentlichkeit stehen, stellen müssen, auf die das Buch antworten gibt.
Was die »Ende Gelände« Aktivist*innen im »Handbuch Pressearbeit« geschrieben haben, hat das Potential zum Standardwerk für jede gute Kampagnenvorbereitung zu werden. Unabhängig davon in welchem Politikfeld man tätig ist und wie groß eine Aktion werden soll, lohnt es sich, bevor der erste Text geschrieben ist, einen Blick in dieses Buch zu werfen und darüber nachzudenken, wie die Überlegungen zum eigenen Ziel passen.
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