Amnestie für IRA-Leute

Sondertribunal in Kolumbien entkräftet Vorwurf der Terrorunterstützung gegen drei Iren

  • Dieter Reinisch
  • Lesedauer: 3 Min.

Mit Verzögerung hat es geklappt: Nach fast zwei Jahrzehnten wurden in Kolumbien Urteile gegen drei mutmaßliche Mitglieder der Irisch Republikanischen Armee (IRA) aufgehoben. Die drei Iren Martin McCauley, Niall Connolly und James Monaghan waren 2004 aufgrund von Dokumentenfälschung und Training der linken FARC-Guerilla zu 17 Jahren Haft verurteilt worden. Kurz vor dem Prozess waren sie jedoch aus Kolumbien nach Irland geflüchtet, so dass sie ihre Haftstrafe nie antraten.

Die Amnestie wurde nun vom »Sondertribunal für den Frieden« am 21. April erlassen. Das Sondergericht soll den jahrzehntelangen bewaffneten Konflikt zwischen linken FARC-Rebellen, rechten Todesschwadronen und der kolumbianischen Regierung aufarbeiten. Die kolumbianische Zeitung »El Tiempo« zitierte nun einen Richter des Sondertribunals: »Es gibt keine Beweise, dass diese drei Verurteilten Mitglieder einer Terrororganisation waren, noch, dass es irgendwelche Opfer aufgrund ihrer Tätigkeiten gab. Aus diesem Grund wird eine vollständige Amnestie gewährt.« Bereits 2016 hatte der damalige kolumbianische Präsident Juan Manuel Santos eine Amnestie für alle ausländischen Personen erlassen, die aufgrund von FARC-Aktivitäten verurteilt waren. Die drei Iren waren davon ausgenommen.

Die drei mutmaßlichen IRA-Mitglieder waren im Juni 2001 über Madrid und Caracas nach Kolumbien gereist. Dort hatten sie sich fünf Wochen im von der FARC kontrollierten Dschungel in der Region Caguán aufgehalten, wo gleichzeitig auch Gespräche zwischen den Rebellen und der Regierung stattfanden, die 2002 scheiterten. Im August 2001 wurden die Iren am Flughafen in Bogotá verhaftet. Ihnen wurden Dokumentenfälschung und Terrorismusunterstützung vorgeworfen. Vom Vorwurf des Trainings für die FARC wurden sie zunächst 2003 freigesprochen und auf Bewährung entlassen. Vor dem Prozessbeginn in nächster Instanz flüchteten sie 2004 nach Irland.

In einem Interview mit der irisch-republikanischen Zeitung »An Phoblacht« erklärte Monaghan 2010: »Wir waren damals in Kolumbien, um der FARC über den Friedensprozess in Irland zu berichten. Zwischen der Situation in Kolumbien und in Irland gibt es viele Parallelen.« Das kolumbianische Militär hatte ihnen hingegen vorgeworfen, die FARC im Bau unkonventioneller Sprengkörper geschult zu haben. Die Guerilla hatte zu dieser Zeit begonnen, Bomben und Landminen einzusetzen, die solchen glichen, die von der IRA in Nordirland verwendet wurden.

Die Verhaftung von drei mutmaßlichen IRA-Mitgliedern in Kolumbien hatte 2001 auf beiden Seiten des Atlantiks große Wellen geschlagen. Das 1998 unterzeichnete nordirische Friedensabkommen war noch fragil, und nur einen Monat später kam es zu den Anschlägen am 11. September. Nach der Ausrufung des »Kriegs gegen den Terror« ließ der damalige US-Präsident George Bush Druck auf Sinn Féin auszuüben. Im April 2002 diskutierte der US-Kongress die Verbindungen zwischen IRA und FARC. Eine Vorladung nach Washington schlug der damalige Sinn-Féin-Präsident Gerry Adams aus. Sinn Féin unterstützte die drei Angeklagten, gleichzeitig beschleunigte das Ereignis den Friedensprozess in Nordirland. 2005 gab die IRA ihre Entwaffnung bekannt.

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