- Kommentare
- Schulden in Berlin
Die fetten Jahre sind vorbei
MEINE SICHT: Martin Kröger über neue Schulden und Spardebatten
Mit großer Sorge erwartet der rot-rot-grüne Senat die Steuerschätzung, die in diesem Mai bekannt gegeben werden soll. Denn dann wird deutlich werden, wie massiv die Coronakrise die Steuereinnahmen in Berlin tatsächlich wegbrechen lässt. Erwartet wird vom Finanzsenator Matthias Kollatz (SPD), dass Berlin für seinen Doppelhaushalt 2020/2021 und die Konjunkturhilfen einen zusätzlichen Finanzbedarf von sechs Milliarden Euro haben dürfte. Eine Milliarde Euro können durch Einsparungen beim Personal und der zeitlichen Streckung von Bauprojekten kompensiert werden, aber für den Rest braucht es neue Schulden in Höhe von fünf Milliarden Euro.
Dass die fetten Jahre für die Wirtschaft und den Senat der Hauptstadt vorbei sind, war absehbar. Aber was sich an neuen finanziellen Belastungen abzeichnet, ist dennoch enorm. Auch wenn es bei »nur« fünf Milliarden Euro Schulden bliebe, was noch nicht klar ist, würde das alle Konsolidierungsbemühungen der vergangenen Jahre mit einem Schlag zerstören.
Immerhin bleibt den Berlinerinnen und Berlinern bislang eine Sparen-bis-es-quietscht-Debatte erspart. Fast allen in der Politik scheint bewusst zu sein, dass Schulden zu machen, um die Wirtschaft wieder anzukurbeln, der einzige Weg ist. Das geben auch die Ausnahmeregelungen der Schuldenbremse her, die genau für solche katastrophalen Situationen geschaffen wurden.
Trotz der Finanzmittel steht Rot-Rot-Grün vor großen Herausforderungen. Entscheidend wird sein, wie die Wirtschaft wieder anläuft. Absehbar ist, dass einige Branchen wie die Clubs weiter unter den Einschränkungen leiden werden. Viel wird in Berlin von der Unterstützung aus dem Bund abhängen. Doch wie sich bei den Soforthilfen für Solo-Selbstständige gezeigt hat, setzt der Bund andere Schwerpunkte, wenn er etwa Gelder nur für Mieten und Autoleasings vorsieht. Auch dagegen braucht es dringend rot-rot-grüne Positionen.
In der neuen App »nd.Digital« lesen Sie alle Ausgaben des »nd« ganz bequem online und offline. Die App ist frei von Werbung und ohne Tracking. Sie ist verfügbar für iOS (zum Download im Apple-Store), Android (zum Download im Google Play Store) und als Web-Version im Browser (zur Web-Version). Weitere Hinweise und FAQs auf dasnd.de/digital.
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.
Vielen Dank!