Gibt es Entschädigung für Datschen und Garagen?
Schuldrechtsanpassungsgesetz
Eine Vielzahl von Fragen mussten die Experten des Verbandes Deutscher Grundstücksnutzer (VDGN) beantworten. Was ist bei Kündigung und Kauf, Pachthöhe und Abriss zu beachten?
Datschen
Aus Altersgründen müssen wir jetzt unseren Bungalow, den wir zu DDR-Zeiten auf einem kommunalen Grundstück gebaut haben, aufgeben. Wir haben auch einen Interessenten, der unsere Datsche gern kaufen möchte. Was müssen wir dabei beachten?
Ein Verkauf Ihres Bungalows ist nicht so einfach möglich. Denn in Ihrem Fall gilt das Schuldrechtsanpassungsgesetz. Darin ist festgelegt, dass mit einer Beendigung des DDR-Rechtsverhältnisses die Datsche automatisch in das Eigentum des Grundstückseigentümers übergeht.
Genau das würde passieren, wenn Sie einen Verkaufsversuch unternehmen. Der Nachnutzer würde Ihnen einen Kaufpreis zahlen, ohne Eigentümer des Grundstücks zu werden. Einzig rechtssicher wäre die Unterzeichnung eines sogenannten dreiseitigen Vertrages zwischen dem Verkäufer, dem Käufer und dem Grundstückseigentümer. Darin wird vereinbart, dass der Bungalowkäufer für Sie in den bestehenden DDR-Vertrag eintritt.
Der Grundstückseigentümer ist jedoch nicht verpflichtet, einen solchen Vertrag zu unterzeichnen.
Wir möchten unseren Pachtvertrag für das Erholungsgrundstück aus Altersgründen kündigen. Können wir noch mit einer Entschädigung rechnen?
Ihnen muss klar sein, dass die Datsche bei einer Kündigung in jedem Fall automatisch an den Grundstückseigentümer fällt. Wenn Sie selbst kündigen, gibt es eine Entschädigung nur in dem Fall, dass der Bungalow dann weiter genutzt wird. Wird er innerhalb eines Jahres nach Besitzübergang abgerissen, kann der Grundstückseigentümer Sie zur Hälfte an den Kosten dafür beteiligen.
Zudem besteht die Gefahr, dass Sie ab 2023 sogar die vollen Abrisskosten tragen müssen, wenn das Schuldrechtsanpassungsgesetz nicht noch nachgebessert wird.
Wie wird bei Kündigung des Pachtverhältnisses die Entschädigungssumme für den Bungalow festgelegt?
Optimal wäre, wenn Sie sich mit dem Grundstückseigentümer auf eine Entschädigungssumme einigen. Meistens muss man seine Forderung jedoch mit einem Gutachten oder einer preiswerteren gutachterlichen Stellungnahme untermauern. Die Kosten dafür trägt der Nutzer. Wenn das Bauwerk gut erhalten ist oder vom neuen Eigentümer weiter genutzt wird, sollte man diese Kosten jedoch nicht scheuen.
In der Stadtverwaltung wurde uns erklärt, dass alle Pachtverträge für DDR-Datschen im Jahr 2022 automatisch ihre Gültigkeit verlieren. Stimmt das?
Nein. Alle Pachtverträge gelten über das Jahr 2022 fort, bis sie von einer Seite gekündigt oder einvernehmlich beendet werden. Im Oktober 2022 endet lediglich der im Schuldrechtsanpassungsgesetz verankerte Investitionsschutz für die Datschen. Das heißt: Wenn der Grundstückseigentümer kündigt, gibt es nur noch eine Entschädigung für die Datsche, wenn diese von ihm weitergenutzt oder vermietet wird. Wir haben dann eine Rechtslage, wie sie für Garagen auf fremdem Grund und Boden bereits seit 2007 besteht.
Garagen
Mir wurde eine Garage zum Kauf angeboten. Sie stammt noch aus DDR-Zeiten und steht auf einem gemeindeeigenen Grundstück. Können Sie mir jetzt noch zum Kauf raten?
Ein solcher Kauf ist nur in Ausnahmefällen möglich und sinnvoll. Denn genau wie bei den Datschen auf fremdem Grund und Boden gilt: Mit dem Versuch eines Weiterverkaufs endet automatisch das noch bestehende Vertragsverhältnis aus DDR-Zeit, und die Garage würde dann nicht an Sie, sondern per Gesetz an den Grundstückseigentümer fallen. Ein Kauf wäre nur über einen dreiseitigen Vertrag unter Einbeziehung des Grundstückseigentümers möglich. Damit würden Sie in den bestehenden DDR-Vertrag eintreten.
Sinn macht das nur, wenn Sie gleichzeitig eine längere Pachtgarantie bekommen, denn der Grundstückseigentümer kann Ihnen ansonsten jederzeit ohne Angabe von Gründen kündigen.
Meine Schwiegermutter hat noch eine Garage mit DDR-Vertrag, die sie eigentlich nicht mehr braucht. Grundstückseigentümer ist die Wohnungsgenossenschaft. Was sollten wir jetzt am besten machen?
Zuerst sollte sich Ihre Schwiegermutter bei ihrer Genossenschaft erkundigen, was diese mit den Garagen vorhat. Vielleicht räumt sie ja die Möglichkeit eines Verkaufs auf der Grundlage eines dreiseitigen Vertrages ein. Oder man kann sich auf einen Auflösungsvertrag zu beiderseitig akzeptablen Konditionen einigen. Ist das nicht der Fall und ist ein Abriss geplant, sollte Ihre Schwiegermutter noch vor 2023 kündigen. Denn nach jetzigem Stand läuft sie ansonsten Gefahr, die vollen Abrisskosten zu zahlen, wenn das Schuldrechtsanpassungsgesetz nicht noch geändert wird.
Das Grundstück, auf dem unsere Garagen stehen, ist verkauft worden. Und der neue Eigentümer hat bereits angekündigt, dass er die Pacht erhöhen möchte. Wie weit darf er da gehen?
Die neue Pachthöhe darf den Rahmen der Ortsüblichkeit nicht überschreiten. Die Höhe des ortsüblichen Entgelts kann beim Gutachterausschuss der Gemeinde erfragt werden. Zur Begründung der Ortsüblichkeit können laut Nutzungsentgeltverordnung auch Entgelte angeführt werden, die bereits für andere vergleichbar genutzte Grundstücke in der Gemeinde oder in vergleichbaren Kommunen vereinbart worden sind.
Ich habe vor zehn Jahren eine DDR-Garage auf fremdem Grund gekauft. Jetzt hat mir der Grundstückseigentümer gekündigt, weil er dort bauen will. Eine Entschädigung soll es nicht geben. Und den Abriss soll ich auch noch zahlen. Ist das rechtens?
Da gibt es eine schlechte und eine gute Nachricht für Sie. Wenn die Garage abgerissen wird, gibt es generell keine Entschädigung mehr. Ohnehin sind Sie vor zehn Jahren wahrscheinlich gar nicht Eigentümer der Garage geworden. Denn ein Verkauf wäre nur über einen dreiseitigen Vertrag unter Mitwirkung des Grundstückseigentümers möglich gewesen. Deshalb ist der Grundstückseigentümer wohl schon vor zehn Jahren Eigentümer der Garage geworden. Daraus folgt die gute Nachricht. Über Abrisskosten müssen Sie sich keine Sorgen mehr machen.
Wir sind Mitglieder einer Garagengemeinschaft, haben aber einen individuellen Pachtvertrag aus DDR-Zeiten. Jetzt will uns der Eigentümer des Grundstücks, die Kommune, kündigen. Gleichzeitig wurden uns neue Mietverträge angeboten, die aber eine viel höhere Miete enthalten. Ist das rechtens?
Der Eigentümer, also die Kommune, ist bereits seit dem Jahr 2000 berechtigt, die Pachtverträge zu kündigen. Die meisten Kommunen haben das jedoch nicht getan, weil sie die Grundstücke nicht anderweitig verwerten konnten. Durch die Verpachtung kam noch etwas Geld in die Kasse, und die Grundstücke wurden meist in einem ordentlichen Zustand gehalten. Mit der Kündigung der Pachtverträge fallen die Garagen in das Eigentum der Kommune und diese kann sie entweder abreißen oder weiter nutzen, also vermieten.
Insofern ist es zwar nicht bürgernah, aber rechtens, wenn Ihnen neue Verträge auch zu höheren Konditionen angeboten werden, sofern die Beträge sich im Rahmen der Ortsüblichkeit bewegen. Vermietet die Stadt die Garagen weiter, haben Sie in jedem Fall einen Entschädigungsanspruch für die Erhöhung des Verkehrswertes des Grundstücks durch die Bebauung mit der Garage.
Dieser orientiert sich an den Mieteinnahmen und gilt auch, wenn an Sie selbst weiter vermietet wird. VDGN/nd
Informationen und Anfragen unter www.vdgn.de und E-Mail: info@vdgn.de
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