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Impfstoffhersteller pokern hoch
Unternehmen, Staaten und die WHO sind involviert im Wettlauf um das erste zugelassene Corona-Vakzin
Das globale Wettrennen um den ersten Impfstoff gegen das neuartige Coronavirus nimmt Fahrt auf, noch bevor auch nur für einen Kandidaten alle Tests abgeschlossen sind. Kurzzeitig sah es dabei so aus, als hätten sich die USA das Recht der größten Vorbestellung auf einen Impfstoffkandidaten des französischen Pharmariesen Sanofi gesichert. Dem hat der Hersteller inzwischen aber widersprochen und versichert, alle Regionen der Welt sollen ein solches Mittel zur gleichen Zeit bekommen.
Dennoch ist weiterhin offen, ob künftige Impfstoffe wirklich allen Menschen zugänglich sein wird. Vor allem die USA in der Person ihres Präsidenten Donald Trump beanspruchen Vorrechte und wollen diese auch sichern. Sanofi hatte zusammen mit dem britischen Unternehmen Glaxo-SmithKline eine Impfstoffentwicklung bis 2021 angestrebt. Beide Konzerne erhalten finanzielle Unterstützung von der Behörde für biomedizinische Forschung und Entwicklung (Barda) des US-Gesundheitsministeriums. Gleichzeitig befindet sich Sanofi in Gesprächen mit der EU sowie den Regierungen in Paris und Berlin, um die regionale Impfstoffentwicklung zu beschleunigen.
Das weist darauf hin, dass den Herstellern der seuchenpolitische Druck, dem sich Regierungen ausgesetzt sehen, mehrfach von Nutzen ist. Sie stoßen auf eine größere Bereitschaft, Zulassungskriterien aufzuweichen. Zudem können sie vermutlich bessere Preise durchsetzen als sonst bei Impfstoffen. Für diejenigen, die bereits Produktionskapazitäten für noch nicht zugelassene Vakzine aufbauen, dürfte sich selbst ein Fehlschlag lohnen, denn er ginge auf Kosten der jeweils bestellenden Staaten. Geschehen könnte letzteres bei dem Schweizer Hersteller Lonza, der Produktionsstätten auf mehreren Kontinenten hat und mit dem US-Unternehmen Moderna einen Vertrag über eine Milliarde Impfdosen abgeschlossen hat. Moderna hat bereits 400 Millionen Dollar von der Barda erhalten. Lonza möchte die Produktion schon im Juli beginnen und könnte bei erfolgloser Zulassung zur Vernichtung einer ganzen Charge gezwungen sein.
Durch derartiges Vorgehen geraten unter anderem die EU-Staaten unter Druck. Anfang Mai hatte die Europäische Kommission mit einer internationalen Geberkonferenz der Impfstoffforschung Auftrieb verleihen wollen. Dabei wurden insgesamt sieben Milliarden Dollar eingeworben - der weitaus größte Batzen aus Frankreich, aber auch Gelder aus Kanada, Saudi-Arabien, Großbritannien, Australien, Japan und China eingeworben. Die Kooperation mit China könnte von Nutzen sein, denn unter den zehn vielversprechendsten Impfstoffkandidaten der weltweit laufenden mehr als 100 Projekte ist die EU nur an Dreien beteiligt, chinesische Firmen und Forschungsinstitute an weiteren fünf.
Die Finanzierung durch Industriestaaten sichert noch lange nicht, dass die Impfung auch in ärmeren Ländern zugänglich sein wird. Deshalb haben vor der verkürzten WHO-Jahresversammlung an diesem Montag und Dienstag, die online stattfindet, 140 Regierungspolitiker und Experten aus aller Welt eine kostenlose Behandlung und Impfung gegen das Coronavirus für alle Menschen verlangt. In der am vergangenen Donnerstag vom Hilfsprogramm UN-Aids veröffentlichten Erklärung wurde ebenfalls gefordert, dass Medikamente in großen Mengen und ohne Patentschutz hergestellt werden sollten.
Patente auch auf neue Impfstoffe sichern den Inhabern hohe Erlöse, und nicht alle Länder können es sich leisten, Lizenzen zu erwerben. In bestimmten gesundheitlichen Notlagen ist es manchen Staaten jedoch erlaubt, Zwangslizenzen für eine Produktion für den eigenen Bedarf zu erteilen. Diese Möglichkeit brachte jetzt der CDU-Europaabgeordnete Peter Liese ins Gespräch, allerdings für den Fall, dass die EU bei der Impstoffent-wicklung ausgebootet würde. Dann könnte auch ohne Genehmigung des Patentinhabers produziert werden, dieser würde durch eine staatlich festgelegte Gebühr entschädigt.
Ein weiterer Anwärter darauf, einen Corona-Impfstoff auf eigenes Risiko herzustellen, meldete sich aus Indien zu Wort. Das Serum Institute of India, heute der größte Impfstoffhersteller der Welt, kündigte den Produktionsbeginn noch für diesen Monat an. Zunächst sollen 40 Millionen Dosen eines an der Universität Oxford entwickelten Impfstoffes hergestellt werden, den die Oxford Vaccine Group noch bis Ende September abschließend testen soll. Dort läuft im Moment eine Studie mit insgesamt 1100 Freiwilligen. Der Geschäftsführer des Serum Institute of India, Adar Poonawalla, kündigte an, den möglichen Impfstoff nicht patentieren zu lassen. Es werde darüber nachgedacht, eine Dosis für zwölf Euro zu verkaufen.
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