Uncool am Pool

Die Berliner Freibäder sollen bald öffnen – aber unter den strikten Corona-Auflagen

  • Martin Kröger
  • Lesedauer: 3 Min.

Keine Information, nirgends. Hubert Schulbin steht etwas suchend mit seinem Fahrrad vor dem Eingang des Sommerbads Kreuzberg an der Prinzenstraße. Der sportliche junge Mann – blonde Locken, weißes Shirt, Brille – ist ein leidenschaftlicher Schwimmer. »Ich habe immer eine Saisonkarte für das Prinzenbad gehabt«, sagt er. So heißt das beliebte Freibad bei den Berlinern. Im vergangenen Jahr waren bis Anfang Juni bereits 100 000 Gäste an dieser Stelle begrüßt worden, die gute Saison bescherte den maroden kommunalen Berliner Bäder-Betrieben (BBB) fantastische Einnahmen.

Dieses Jahr ist alles anders: Wegen des seit mehreren Monaten grassierenden Coronavirus mussten die Bäderbetriebe ihre Hallenbadsaison abrupt abbrechen. Der Start der Sommersaison, die normalerweise zu Ostern mit dem Öffnen des ersten Strandbades am Wannsee für ganz Hartgesottene beginnt, fiel aus. Schwimmer wie Hubert Schulbin besitzen Neoprenanzüge, er weicht regelmäßig in den Schlachtensee aus, um sein Pensum zu absolvieren, erzählt er. Aber weil das Schwimmen mit Schwimmanzügen in den eiskalten Seen nicht jedermanns Sache ist, warten alle auf den Start der Freibadsaison. Schulbin ist da nicht allein, im Minutentakt fahren an diesem Mittwoch Menschen mit dem Fahrrad vor dem Sommerbad Kreuzberg vor, um sich zu informieren. Formal ist es so, dass der Senat es in seinen Lockerungsbestimmungen ermöglicht hat, dass ab dem kommenden Montag die Freibäder öffnen können. Diese Information hat viele Schwimmer elektrisiert: Endlich geht es los! Die Wettervorhersage sieht schließlich für Wochenbeginn sommerliche Temperaturen vor.

Nur: Damit ein Freibad in Berlin eröffnen kann, braucht jedes einzelne Bad einen Plan, der mit den Corona-Bestimmungen konform ist. Genehmigt werden muss das Konzept nach einer Begehung von den bezirklichen Gesundheitsämtern. Der Öffentliche Gesundheitsdienst ist allerdings auch mit der Erfassung und Nachverfolgung der Coronavirus-Ausbreitung beschäftigt. Deshalb ist unklar, ob Montag tatsächlich die ersten Bäder ihre Tore öffnen werden.

»Wir haben noch keine finale Freigabe für ein Bad«, sagt der Sprecher der Bäderbetriebe, Matthias Oloew, zu »nd«. Auch im Prinzenbad konnte die notwendige Begehung mit Mitarbeitern des Gesundheitsamts Friedrichshain-Kreuzberg bislang nicht stattfinden. Für diesen Freitag werden neue Informationen erwartet. Klar ist: In diesem Jahr wird alles etwas anders sein, wenn man schwimmen gehen möchte. Einfach spontan die Badesachen packen – und ab ins Freibad: Das wird zunächst nicht möglich sein. »Wir könne unsere Karten ausschließlich über ein Online-Ticketing ausgeben«, sagt Oloew. Das gehe nicht anders, weil es eine Möglichkeit für die Behörden geben müsse, bei möglichen Infektionen Kontakte nachvollziehen zu können. Statt der Saison- und Sommerkarten wird es zunächst nur einen neuen Einheitspreis geben, der 3,80 Euro pro Schwimmbadbesuch betragen soll. Für Menschen mit einem geringen Einkommen dürfte das eine schlechte Nachricht sein, da die früheren Angebote günstiger waren.

»Alles steht unter dem absoluten Vorbehalt der Entwicklung der offiziellen Infektionsschutzvorgaben«, sagt der Vorstandsvorsitzende der Bäderbetriebe, Johannes Kleinsorg. Und: »Wir wollen trotz aller Freude über den bevorstehenden Freibad-Start mit aller gebotenen Vorsicht an die Öffnung der Freibäder herangehen, um die Gesundheit sowohl unserer Kundinnen und Kunden wie aller dort eingesetzten Kolleginnen und Kollegen nicht zu gefährden.«

Neben den geltenden Hygiene- und Abstandsregeln müssen sich die Besucherinnen und Besucher der Bäder auch auf strikte Vorgaben fürs Schwimmen einstellen. Dass das Virus über das Wasser verbreitet wird, ist wegen des Chlors ausgeschlossen, aber Begegnungen im Wasser sollen unbedingt vermieden werden. Auch die Gemeinschaftsduschen müssen geschlossen bleiben, weshalb nur die Nutzung der kalten Außendusche bleibt. Seeschwimmer wie Hubert Schulbin sind da klar im Vorteil.

Wir-schenken-uns-nichts
Unsere Weihnachtsaktion bringt nicht nur Lesefreude, sondern auch Wärme und Festlichkeit ins Haus. Zum dreimonatigen Probeabo gibt es ein Paar linke Socken und eine Flasche prickelnden Sekko Soziale – perfekt für eine entspannte Winterzeit. Ein Geschenk, das informiert, wärmt und das Aussteiger-Programm von EXIT-Deutschland unterstützt. Jetzt ein Wir-schenken-uns-nichts-Geschenk bestellen.

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.