- Berlin
- Mietenwahnsinn
Mietendeckel vor dem Landesverfassungsgericht
Berliner Fraktionen von CDU und FDP aus dem Abgeordnetenhaus reichen Klage ein
Einen »bedeutenden Tag« nennt Burkard Dregger, CDU-Fraktionschef im Abgeordnetenhaus, den Montag, als er zusammen mit dem FDP-Fraktionsvorsitzenden Sebastian Czaja vor dem Berliner Verfassungsgerichtshof in Schöneberg vor die Presse tritt. 140 Seiten ohne Anlagen ist die Klage dick, mit der sie vor dem höchsten Gericht Berlins den Mietendeckel zu Fall bringen wollen.
Zwei Hauptgründe hätten den CDU-Politiker dazu bewogen. Das Gesetz begünstige die Mieter von Luxuswohnungen. »Nur diese haben die reelle Chance, die Miete reduzieren zu können«, so Dregger. Doch neben den rechtlichen Aspekten geht es ihm auch um jene Menschen, die ihre Altersversorgung auf Basis von zwei bis drei Wohnungen planten, die sie sich erspart hätten. »Menschen, die möglicherweise keinen Anspruch auf eine gesetzliche Rente haben«, sagt Dregger. Auch für die Mieter sei das Gesetz eine Gefahr, wenn sie sich auf dessen Dauerhaftigkeit verließen, erklärt der CDU-Fraktionschef.
»Die Landesregierung versteckt sich hinter dem ideologischen Kalkül, die Stadt zu spalten und damit weiter Mieter und Vermieter gegeneinander auszuspielen«, ist FDP-Fraktionschef Czaja überzeugt.
»Wir stellen den Antrag, das Mietenbegrenzungsgesetz für nichtig zu erklären«, erklärt Foroud Shirvani. Der Professor für Öffentliches Recht an der Universität Bonn ist Prozessbevollmächtigter der Fraktionen von CDU und FDP. Die Argumente sind bekannt. Der Bund habe den Sachverhalt abschließend geregelt, das Land Berlin überschreite seine Kompetenzen. Außerdem gebe es keinen angemessenen Ausgleich der Interessen von Vermietern und Mietern.
Der Verband Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen begrüßt die Klage. Übrigens tut dies auch Stadtentwicklungssenatorin Katrin Lompscher (Linke). »Die Klage der Abgeordnetenhaus-Fraktionen von FDP und CDU zum Mietendeckel war seit Monaten angekündigt, insofern kommt sie nicht überraschend«, so die Senatorin zu »nd«. Sie hofft, »dass die Unsicherheit im Sinne der Mieterinnen und Mieter mit einem Urteilsspruch ein für alle Mal beendet wird«.
Dass das Landesverfassungsgericht noch vor Inkrafttreten der Absenkungen für überhöhte Mieten am 23. November urteilen wird, glaubt Dregger eher nicht. Er hofft auf ein Urteil vor der Wahl im Herbst 2021, »damit die Mieter wissen, wer ihnen falschen Wein eingeschenkt hat«. Dass auch Anhänger der CDU den Mietendeckel für eine sinnvolle Maßnahme halten, sei ihm bewusst. »Ich kann es aber nicht tolerieren, dass die Regierung gegen die Verfassung verstößt«, so der Fraktionschef.
Dregger fordert, das Gesetz wegen der Unsicherheit vorerst nicht anzuwenden. Zumindest in Pankow wird so nicht verfahren, ein Vermieter hatte nach einem Anschreiben des Bezirks sein Mieterhöhungsverlangen zurückgenommen. Auch erste Bußgeldandrohungen sind versandt.
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.