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Pool für Corona-Patente
Die WHO will geistiges Eigentum an Therapien und Tests bündeln, die Industrie zögert noch
Impfstoffe, Therapien, Schutzausrüstung - wie kann die internationale Gemeinschaft sicherstellen, dass in der aktuellen Covid-19-Pandemie alle Menschen Zugang zu diesen Produkten und Leistungen haben? Am vergangenen Freitag startete die Weltgesundheitsorganisation (WHO) gemeinsam mit Costa Rica eine entsprechende Initiative.
Der Präsident des mittelamerikanischen Landes, Carlos Alvarado, hatte bereits im März die Initiative mit dem Namen »Covid-19 Technology Access Pool« angeregt. Mit Hilfe einer Plattform sollen Daten und Wissen zu Behandlungsmöglichkeiten, Impfstoffen und Medikamenten gesammelt sowie geistige Eigentumsrechte wie Lizenzen und Patente gebündelt werden. Ziel ist es, die Produkte dann als »globales öffentliches Gut« verfügbar zu machen. Das wird umso besser funktionieren, je mehr wirtschaftlich starke Staaten und deren Pharmahersteller sich darauf einlassen. Zuletzt wollten 30 Länder von Argentinien über Luxemburg bis Südafrika den wissenschaftlichen, medizinischen und technischen Austausch im Kampf gegen die Pandemie stärken. Deutschland war noch nicht darunter. Die industriekritische BUKO Pharma-Kampagne hat sogar Hinweise darauf, dass Deutschland andere Länder entmutigt, sich zu beteiligen. Die USA lehnten jegliche Mitarbeit ab - ohnehin hat Washington jetzt die komplette Zusammenarbeit mit der WHO gestoppt.
Eine Absage gab es auch von großen Herstellern. Für Albert Bourla, den Chef von Pfizer, dem zweitgrößten Pharmaunternehmen der Welt, ist die WHO-Initiative gegenwärtig nur gefährlicher Unsinn. Aus der Chefetage der britisch-schwedischen AstraZeneca verlautete, nur geistiges Eigentum sei der Ansporn für Innovation. Für die Firmen sei es aber auch wichtig, ihre Produkte freiwillig ohne Profite zur Verfügung zu stellen, wenn es - wie jetzt in der Pandemie - notwendig sei. Andere Hersteller wollen aber Kooperationen erwägen, zumal die WHO die Eigentumsrechte nicht an sich reißen will, sondern Beteiligungen von Industrie und Non-Profit-Organisationen anstrebt.
Die Plattform könnte dafür sorgen, dass die Produktion von Diagnostika, Medikamenten und Impfstoffen schnell, kostengünstig und in großem Umfang erfolgt. Ein seit 2010 existierender Patentpool für Aids-Medikamente leistete zur Versorgung von Menschen mit HIV in ärmeren Ländern einen großen Beitrag. Er wurde später auf Tuberkulose und Malaria ausgeweitet, zuletzt auf Covid-19-Produkte. Ausgerechnet diese Tatsache wird von Herstellerverbänden als Argument dafür angeführt, dass eine neue Plattform nicht nötig sei.
Ein freiwilliger Technologiepool, wie ihn die WHO jetzt anstrebt, geht jedoch erheblich weiter, da es nicht erst um die Verteilung einzelner Medikamente auf einzelne Länder geht, sondern um die Weitergabe von Wissen an alle. Hier mitzuwirken, so Befürworter, könnte das Ansehen der Industrie stärken und Konfrontationen bis hin zu Zwangslizenzen vermeiden helfen.
Auch die Organisation Ärzte ohne Grenzen begrüßt den Solidaritätsaufruf der WHO. Die Initiative sei ein wichtiger erster Schritt, aber die Regierungen müssten den Zugang verbindlich garantieren. »Sichere und effektive Impfstoffe, Therapien und Tests müssten frei von Exklusivrechten entwickelt und in angemessenen Mengen hergestellt werden. Notwendig ist eine faire Verteilung und die Sicherung des Zugangs für alle Menschen, besonders für die am meisten verletzlichen, in allen Ländern«, sagte Christos Christou, Präsident von Ärzte ohne Grenzen. Er verwies auf vertrauliche Absprachen, nach denen es nur einer kleinen Zahl von Herstellern erlaubt werde, Medikamente herzustellen und dann unter Preiskontrolle zu vermarkten.
In einem Offenen Brief hatten das Aktionsbündnis gegen AIDS, die BUKO Pharma-Kampagne, die Menschenrechtsorganisation Medico International und das Kinderhilfswerk World Vision Deutschland die Bundesregierung und Angela Merkel zur Unterstützung der WHO-Initiative aufgerufen. »Die Bundeskanzlerin hat erfreulicherweise mehrfach betont, dass Covid-19-Behandlungsmöglichkeiten als ›globales öffentliches Gut‹ betrachtet und organisiert werden müssten.« Jetzt biete sich die Gelegenheit, den Worten auch Taten folgen zu lassen.
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