Gesamtstrategie statt Blackout
Peter Steiniger über Schweden als Wegweiser für politische Kultur in Krisenzeiten
Schweden bleibt Mode. Die dortige wenig restriktive Strategie gegen Covid-19 sei ein Fiasko, heißt es. Das Land dient als schlechtes Beispiel: Mit vielen Todesfällen erhielte es nun die Quittung. Egal, was wir über Statistiken wissen, hier zeigen sie es unvergleichlich deutlich. Auch bei dem ins Scheinwerferlicht geratenen Staatsepidemiologen Anders Tegnell soll es nun Klick gemacht haben; er spricht von Fehlern, nicht genug wurde getan.
Diese Aussagen stehen für einen reflektierten Umgang Stockholms mit der eigenen Strategie. Im Pflegebereich lief viel schief. Dafür gibt es auch tiefer liegende Ursachen: Die von neoliberalen Thinktanks promoteten Privatisierungen von Bereichen der Daseinsvorsorge führen dort zu falschen Prioritäten.
Die Coronakrise hat auch die schwedische Politik unvorbereitet vor ein Dilemma gestellt. Ihre Antwort, auf einem breiten Konsens aufbauend, orientiert sich an den Bedingungen des Landes und hat die ganze Gesellschaft im Blick. Bürger wurden weiter als solche behandelt. Selbst Rechtsextreme im Reichstag wollen die Schweden - die waschechten - vor Corona schützen. Wie das Land mit seinem Marathon über die Runden kommt, wird die Zeit zeigen. An anderen Orten lösen sich nach den Sprints die Restriktionen längst in Luft auf. Gerade für Menschen in Branchen mit harter Arbeit zu miesen Bedingungen gab es ohnehin nirgendwo einen Shutdown, sondern nur billigen Applaus.
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