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Versucht es lieber nicht

Datenschützer warnt vor Missbrauch der Corona-App

  • Daniel Lücking
  • Lesedauer: 3 Min.
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»Datenschutz und Informationsfreiheit bleiben auch in einer Welt mit Corona wichtig«, sagte der Bundesbeauftragte für den Datenschutz und Informationsfreiheit (BfDI), Ulrich Kelber, am Mittwoch bei der Präsentation der Tätigkeitsberichte seiner Behörde am Mittwoch in Berlin.

Sein Amt ist gefragt angesichts der aktuell stattfindenden Grundrechtseinschränkungen. »Der Datenschutz stand in den letzten Wochen zu Recht im Fokus der Öffentlichkeit«, erläutert Kelber. Die Reaktionen, die er auf seine Arbeit erhielt, fielen mitunter harsch aus. So werde er nicht erst seit der Corona-Pandemie danach gefragt, ob nicht der Datenschutz dem Gesundheitsschutz im Wege stehe. »Das ist noch die freundliche Fassung dieser Frage. Das geht bis hin zu: Sind Ihnen denn die Leben der Menschen egal?« Kelber zieht Bilanz und macht klar, dass keine geeignete und erforderliche Maßnahme zur Pandemiebekämpfung aus Datenschutzgründen blockiert wurde.

»Guter Datenschutz trägt dazu bei, dass die Akzeptanz gegenüber Maßnahmen zum Gesundheitsschutz steigt«, sagte Kelber und sah die Bestätigung dafür in der sich abzeichnenden Akzeptanz der Corona-Warn-App. Das Bundesgesundheitsministerium hatte rund 6,5 Millionen Installationen bis zum Mittwochmorgen vermeldet.

Das Grundrecht auf den Schutz der Gesundheit dürfe nicht gegen das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung ausgespielt werden, betonte Kelber. Nicht immer lief es in Bezug auf Corona-Apps rund in Sachen Datenschutz. Nachdem bei der Datenspende-App des Robert-Koch-Instituts, die wesentliche Sicherheitslücken aufwies, und eine Beteiligung des Datenschutzbeauftragten erst 36 Stunden vor der Veröffentlichung der App erfolgte, schaltete sich der BfDI bei der Corona-Warn-App frühzeitig selbst ein. Für ihn ist der Entwicklungsprozess beispielgebend und sollte zum Standard werden.

Als Aufsichtsbehörde wird der BfDI den Betrieb der Corona-Warn-App im Blick behalten. Zu seinen Befugnissen zählt auch die Verhängung von Geldbußen bei Datenschutzverstößen. So verhängte die Behörde ein Bußgeld in Höhe von 9,5 Millionen Euro gegen einen Telekommunikationsdienstleister, bei dem eine Sicherheitslücke in der Kundenverwaltung beanstandet wurde. Derzeit würden weitere Unternehmen der Branche auf vergleichbar nachlässig abgesicherte Prozesse geprüft.

Beim Blick auf das Missbrauchspotenzial der Corona-Warn-App, wenn Arbeitgeber ihr Personal zur Installation der App verpflichten oder ein Zugang zu Veranstaltungen nur mit installierter App gewährt werden soll, fand Kelber klare Worte: »Versucht es lieber nicht.« Die Datenschutzbehörden von Bund und Ländern haben sich bereits auf eine einheitliche Linie geeinigt.

Kelber lobte den Stellenaufwuchs, den der BfDI im vergangenen Jahr erfahren hat. Insbesondere bei der Aufsicht über die Sicherheitsbehörden will er damit eine aktive Rolle einnehmen. Gleichzeitig forderte Kelber ein Transparenzgesetz, um Bürger*innen den Zugang zu Dokumenten von Bundesbehörden zu erleichtern. »Ich würde mir eine proaktive Rolle wünschen«, sagte Kelber. So sollten Behörden bei wichtigen Fragestellungen und Gesetzgebungsverfahren die öffentliche Diskussion mit ihren Dokumenten unterstützen.

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