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Untersuchungsausschuss zu Lübcke-Mord wird kommen
Oppositionsparteien wollen Aufarbeitung des Versagens der hessischer Sicherheitsbehörden
Der Hessische Landtag wird am kommenden Donnerstag die Einrichtung eines Untersuchungsausschusses zur Aufarbeitung des Versagens hessischer Sicherheitsbehörden im Zusammenhang mit dem vor einem Jahr verübten Mord am Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke (CDU) beschließen. Einen entsprechenden Antrag mit einer langen Liste konkreter Fragestellungen und Vorwürfe werden die oppositionellen Fraktionen von SPD, FDP und LINKE in der Plenarsitzung gemeinsam einbringen. Laut Landesverfassung reichen für die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses die Stimmen von 20 Prozent der Parlamentarier.
Der Ausschuss diene nicht der juristischen Bewertung des Lübcke-Mordes, für den seit Dienstag die nordhessischen Neonaziaktivisten Stephan E. und Markus H. als mutmaßliche Täter in Frankfurt am Main vor Gericht stehen, unterstrich der SPD-Abgeordnete Günter Rudolph bei einer gemeinsamen Pressekonferenz der drei Oppositionsfraktionen am Donnerstag in Wiesbaden. Vielmehr sei zu klären, warum die Sicherheitsbehörden und vor allem das Landesamt für Verfassungsschutz (LfV) die von dem Hauptangeklagten Stephan E. ausgehende Gefahr »so schwerwiegend unterschätzt« hätten, so Rudolph. Schließlich sei dieser Mann seit seiner Jugend immer wieder als gewalttätiger Rechtsextremist straffällig geworden und in LfV-Akten lange als »brandgefährlich« bezeichnet worden.
Umso verwunderlicher sei es, dass dieselbe Behörde Stephan E. später als »abgekühlt« bewertet und nicht weiter überwacht habe. Die Behörden bis hin zum Innenminister hätten offenkundig das Gefährdungspotenzial rechtsextremer Gewalttäter nicht verstanden. »Man kann das für strukturelle politische Ignoranz halten, aber auch für Behördenversagen«, so Rudolph. »Ziel muss es sein, Abläufe und Strukturen weiter zu verbessern, um in Zukunft solche Situationen möglichst auszuschließen«, so FDP-Mann Stefan Müller. Wenn Innenminister Peter Beuth (CDU) und das LfV behaupteten, dass seit 2009 keine Erkenntnisse mehr über rechtsradikale Aktivitäten von Stephan E. und Markus H. vorlägen, dann entspreche dies nicht der Wahrheit, sagte der Abgeordnete Hermann Schaus (Linke). So sei bekannt, dass Markus H. im Herbst 2015 Hassparolen gegen Lübcke im Internet verbreitet und beide seither an Veranstaltungen der Rechtspartei AfD in Thüringen und Hessen teilgenommen hätten. Von seiner Fraktion vorgebrachte Hinweise auf Stephan E. seien in der vergangenen Legislaturperiode im Untersuchungsausschuss zur Ermordung des Kasseler Internetcafébetreibers Halit Yozgat durch die Neonazitebande NSU 2006 von den Koalitionären ignoriert worden. Sachdienliche Akten habe die Regierung gesperrt und dem damaligen Ausschuss nicht übergeben, kritisierte Schaus. Beide Neonazis hätten sich spätestens ab 2014 bewaffnet und zumindest Markus H. habe dies mit Wissen der Behörden getan. Zudem habe die frühere Lebensgefährtin von Markus H. bei einem Sorgerechtsverfahren 2018 detaillierte Angaben zu dessen illegalem Waffen- und Sprengstoffbesitz gemacht.
Seine Partei habe kein Vertrauen in die Aufklärungsbereitschaft des Innenministers und des LfV, so Schaus. Beim Landtagsvotum über die Einsetzung des damaligen NSU-Untersuchungsausschusses im Jahre 2014 hatten sich die Koalitionäre von CDU und Grünen der Stimme enthalten – wohl auch aus Rücksicht auf Regierungschef Volker Bouffier (CDU), der zur Zeit des Mordes an Yozgat als Innenminister nach Überzeugung der Linksfraktion die Ermittlungen persönlich behinderte. Diesmal stehen die Koalitionäre unter stärkerem Druck. Sie wollen sich offenbar eine derartige Peinlichkeit ersparen und daher dem Antrag zustimmen. So reagierten beide am Donnerstag prompt und beendeten alle Spekulationen. »Das war ein Fehler, aus dem wir gelernt haben«, so Grünen-Fraktionschef Mathias Wagner. »Wir haben das größte Interesse, dass das Verbrechen an unserem Parteifreund gründlich ermittelt wird und werden der Einsetzung zustimmen«, so CDU-Fraktionschefin Ines Claus. So könnte sich der neue Untersuchungsausschuss »UNA 20-1« noch Ende Juni konstituieren und nach der Sommerpause im September seine Arbeit aufnehmen. Insider rechnen damit, dass »UNA 20-1« mindestens zwei Jahre lang tagen wird. Ob die schwarz-grünen Koalitionäre dem Drängen der drei Oppositionsfraktionen nachgeben und den Ausschussvorsitz diesmal der stärksten Oppositionspartei SPD überlassen, muss sich zeigen.
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Alle Texte zum Lübcke-Prozess: dasnd.de/luebcke
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