Polen wird erneuerbar
Auch im Kohleland beginnt das Umdenken
Polen gilt als das Kohleland schlechthin. Doch 2019 ist ihr Stromanteil auf 74 Prozent gefallen - bei Steinkohle betrug der Rückgang fünf, bei Braunkohle sogar 15 Prozent. Einen Anstieg verzeichneten Sonne, Wind und Gas sowie Importe. Diese Entwicklung könnte sich beschleunigen, schreibt Energiestaatssekretär Michal Kurtyka in einem Beitrag für das Internetportal »Euractiv«: »Die Corona-Pandemie zwang die Entscheidungsträger, ihre Sichtweise auf die Wirtschaft zu ändern und sich an die neue Normalität anzupassen.« Diese bestehe in einer »Transformation hin zu niedrigen und Nullemissionen«. Da Polen bisher das EU-Ziel von Klimaneutralität bis 2050 für sich nicht gelten lassen wollte, ist das eine beachtliche Wende.
Noch macht Ökostrom nur ein Fünftel der installierten Erzeugungskapazität aus. Corona stößt aber die Kohle aus dem Energiemix, denn deren Abbau und Verbrennung ist auch in Polen unrentabel. »Aus Sicht der Staatsfinanzen können wir den Abbau von Kohle nicht länger finanzieren«, sagte ein Regierungsvertreter gegenüber Reuters. Man plane die Schließung von drei Kohleminen, wolle dies aber erst nach der zweiten Runde der Präsidentenwahl bekanntgeben.
Auch die geplanten Konjunkturmaßnahmen könnten helfen. »Polen braucht grüne Investitionen, da sie dazu beitragen werden, die Wirtschaft anzukurbeln«, meint Michal Kurtyka. Investitionen in erneuerbare Energien eigneten sich besonders gut: Sie hätten eine hohe Hebelwirkung, weil private Investoren den größten Teil aufbrächten, schüfen landesweit Jobs, und es bestehe die Aussicht auf Förderung aus dem geplanten EU-Wiederaufbaufonds.
Die Aussichten für Ökostrom sind gut: Das polnische Institut für Erneuerbare erwartet, dass sich die Kapazität von Solaranlagen bis 2025 gegenüber 2019 auf acht Gigawatt verfünffacht. Von einem »riesigen Interesse an Onshore- und Off-Shore-Wind« spricht Gary Bills von der Beratungsfirma K2: »Polen ist geschäftiger als jeder Markt, den ich gesehen habe, seit ich in der Erneuerbarenbranche arbeite.« Christian Mihatsch
In der neuen App »nd.Digital« lesen Sie alle Ausgaben des »nd« ganz bequem online und offline. Die App ist frei von Werbung und ohne Tracking. Sie ist verfügbar für iOS (zum Download im Apple-Store), Android (zum Download im Google Play Store) und als Web-Version im Browser (zur Web-Version). Weitere Hinweise und FAQs auf dasnd.de/digital.
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.
Vielen Dank!