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Spotify löscht rechtsextreme Musik von Plattform
Streamingdienst hat damit auf massive Kritik der Nutzer*innen reagiert
Seine Songs richten sich gegen Muslime und Migrant*innen, er rappt vom angeblichen Ziel, das »deutsche Volk« auszulöschen. Nach massiver Kritik hat der Streamingdienst Spotify am Dienstag die Musik des rechtsextremen Rappers Chris Ares von seiner Plattform entfernt.
In den sozialen Medien hatten zuvor zahlreiche Nutzer*innen angekündigt, ihr Abonnement zu kündigen, sollte die Musik des selbsternannten »NS-Rappers«, der mit bürgerlichem Namen Christoph Zloch heißt, nicht gelöscht werden.
»Grundsätzlich sind die jeweiligen Rechteinhaber verantwortlich für die Musik, die sie über Spotify bereitstellen«, hatte das schwedische Unternehmen einige Tage zuvor noch alle Verantwortung von sich gewiesen. Wenn ein Lied respektive ein Künstler von einer offiziellen Prüfstelle auf den Index gesetzt werde, entferne es Spotify umgehend.
Am Dienstag lenkte das Unternehmen dann jedoch ein und erklärte: »Spotify verbietet Inhalte auf der Plattform, die ausdrücklich und hauptsächlich zu Hass oder Gewalt gegen eine Gruppe oder ein Individuum aufrufen, dies befürworten oder dazu aufstacheln.« Der gesamte Katalog von Chris Ares sei deshalb wegen Verstoßes gegen die Spotify Content Policy entfernt worden.
Bei Twitter freuten sich am Dienstag zahlreiche Nutzer*innen darüber: »#Spotify hat nun endlich ein Einsehen gezeigt: Man kann sich nicht #BlackLivesMatter auf die Fahne schreiben und gleichzeitig mit #ChrisAres einen Hassrapper hosten, der vor «neuen Mischrassen» warnt und einen «Genozid» an den Weißen kommen sieht«, schrieb etwa Robert Wagner.
Doch das Vorgehen gegen Ares kann nur ein Anfang sein, denn auf der Streamingplattform finden sich zahlreiche weitere rechte und rechtsextreme Inhalte. So hatte sich Spotify erst kürzlich gegen eine Löschung des Podcasts »Lagebesprechung« des rechten Netzwerkes »Ein Prozent« entschieden, das 2016 aus dem Umfeld des neurechten Verlegers Götz Kubitschek entstanden war.
Bereits am 2. Juli hatte Amazon offenbar alle Produkte des Rappers von seiner Plattform gelöscht. Bei Apple Music und GooglePlayMusic sind die Songs des 28-Jährigen jedoch weiterhin verfügbar. Auch Apple und Google wurden deshalb im Netz aufgefordert, die Inhalte des Rappers von ihren Plattformen zu nehmen.
Zloch hat Verbindungen zur Identitären Bewegung
Zloch wird bereits seit 2016 vom bayerischen Landesamt für Verfassungsschutz als Rechtsextremist eingestuft. Es handele sich bei ihm um einen »bedeutenden Akteur in der bundesdeutschen identitären Musikszene«. Er habe Verbindungen zur Neuen Rechten sowie zur Identitären Bewegung und werde auch von Martin Sellner unterstützt. Auch zur AfD pflege er Kontakte.
Ende Juni waren zudem Pläne bekannt geworden, dass Zloch den Aufbau eines rechten Jugendzentrums im sächsischen Bischofswerda plant. Das Nazi-Projekt scheiterte jedoch, weil sich am 1. Juli alle Stadtrats-Fraktionen geschlossen dagegen ausgesprochen hatten.
Gefährlich populär ist Ares dennoch: So war er im Herbst 2019 als erster rechtsextremer Rapper in den Charts. Sein Song »Neuer Deutscher Standard« schaffte es auf den zehnten Platz der iTunes-Charts und auf den 95. Platz der offiziellen Charts. Musikalisch nicht mehr als ein mieser Deutsch-Rap-Verschnitt, strotzt der Song von menschenverachtendem Blut-und-Boden-Patriotismus und dem Versuch, erfolgreiche Künstler der migrantisch-deutschen Rapszene, wie Capital Bra, als kriminelle Drogendealer darzustellen.
Ohnehin scheint Ares nicht klar zu sein, bei welchem musikalischen Genre er sich da bedient: Denn Rap ist nicht einfach nur irgendein Sprechgesang, sondern ein wichtiges, historisch gewachsenes Kulturgut der Black Community: Er entstand aus »work songs«, den Gesängen von Feldarbeiter*innen, wurde in afro-amerikanischen Kirchen weiterentwickelt und fand sich bereits in frühen Blues-Aufnahmen der 1920er Jahre. Ab den späten 60er-Jahren prägten ihn auch die Bürgerrechtsbewegung und die Black Panthers, in deren Umfeld ihn auch Musiker wie James Brown verwendeten, um politische Botschaften zu verbreiten. Bis heute ist er Teil der ghettoisierten Stadtkultur sozial unterdrückter, prekärer und oftmals von Rassismus betroffener Personen. Genau die Menschen also, gegen die Ares hated.
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