Auf Stammbaumsuche

Stuttgarter Polizei ergründet Herkunft jugendlicher Täter

Anstatt sich bei den Untersuchungen zu den Krawallen in Stuttgart auf die Taten und die Motive der Beteiligten zu konzentrieren, entdeckte die Stuttgarter Polizei noch ein anderes Betätigungsfeld. Wie die »Stuttgarter Zeitung« berichtete, erwägt der Chef des Polizeipräsidiums der baden-württembergischen Landeshauptstadt Stuttgart, Franz Lutz, die Veröffentlichung der Stammbäume der Verdächtigen. Die Ermittler würden auch bei den Verdächtigen, die einen deutschen Pass besitzen, die genaue Herkunft über die Landratsämter herausfinden, so der Polizeipräsident laut der Zeitung. Er hatte dies am Donnerstagabend im Gemeinderat der Stadt Stuttgart angekündigt. Auf der Sitzung berichtete er auf Antrag der CDU zum aktuellen Ermittlungsstand bei der Aufklärung über die Krawalle in der Nacht zum 21. Juni.

Für seine Ankündigung, deutschlandweit mit Hilfe der Ämter Stammbaumrecherche zu betreiben, erntete Lutz nicht nur Kritik aus dem Gemeinderat. Wie berichtete wurde, prüft auch der Landesdatenschutzbeauftragte, ob derartige Ermittlungen datenschutzrechtlich überhaupt erlaubt sind. Von mehreren Stadträten kam die Anfrage, was ein derartiges Vorgehen zur Aufklärung der Straftaten in jener »Krawallnacht« beitragen soll. Sie halten es, wie die »Stuttgarter Zeitung« berichtete, auch für einen Angriff auf all jene Menschen, die einen Migrationshintergrund haben. »Wie viele Generationen muss man in Stuttgart leben, um als Bürger dieser Stadt anerkannt zu werden«, fragte Grünen- Stadtrat Marcel Roth. Er betonte, dass er es für hochproblematisch hält, wenn die Polizei jetzt Stammbücher von Bewohnern der Stadt nach Migrationshintergründen durchforstet. »Vor dem Gesetz muss jeder gleich sein, egal, woher er kommt«, betonte Roth.

Linken-Stadtrat Christoph Ozasek betonte: »Die Äußerungen von Polizeipräsident Lutz offenbaren ein Weltbild, das mit den gelebten Werten in Stuttgart in offenem Konflikt stehen.« Die Stammbäume werden wohl kaum etwas zum Frieden in der Stadt beitragen, meinen Kritiker. Kommentar Seite 8

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