Die Rückkehr einer Untoten

Innenminister Horst Seehofer fordert sechsmonatige Vorratsdatenspeicherung

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Berlin. Horst Seehofer will einen netzpolitischen Zombie wieder zum Leben erwecken. Der CSU-Bundesinnenminister hat in einem Brief an Justizministerin Christine Lambrecht (SPD) eine Verlängerung der Vorratsdatenspeicherung auf sechs Monate verlangt. Dass das Instrument dem Recht auf Datenschutz und Privatsphäre widerspricht, wie in mehreren Gerichtsurteilen festgestellt wurde, interessiert Seehofer nicht.

In der Praxis hätte seine Forderung zunächst keine Auswirkungen. Die Vorratsdatenspeicherung darf derzeit in Deutschland nicht angewendet werden, weil ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs aussteht.

Seehofer hat aber schon einen Anlass gefunden, warum im Internet verstärkt überwacht werden müsse. Es geht um Fälle sexualisierter Gewalt gegen Kinder. Neue Zahlen der Europäischen Union legen nahe, dass das Problem durch die Möglichkeiten, die das Internet bietet, weiter wächst. Die in der EU gemeldeten Fälle sexuellen Missbrauchs von Kindern im Internet stiegen von 23 000 im Jahr 2010 auf über 725 000 im Jahr 2019.

Dagegen muss selbstverständlich etwas unternommen werden - auch in Deutschland. Neben präventiven Maßnahmen sind die Sicherheitsbehörden gefragt. Sie müssen sich bei ihrem Vorgehen aber im rechtsstaatlichen Rahmen bewegen. Diese Grenze wollen Seehofer, seine Kollegen in der Union, Vertreter der Polizei und Teile der SPD einmal mehr überschreiten.

Der nicht zufällig über die »Bild am Sonntag« verbreitete Vorstoß Seehofers ist blanker Populismus. Er soll alle zufriedenstellen, die nach dem Überwachungsstaat rufen, wenn aufsehenerregende Verbrechen begangen werden. Mögliche Streitigkeiten in der beim Thema Vorratsdatenspeicherung gespaltenen SPD dürften einkalkuliert sein. Seiner eigentlichen Aufgabe, wirkungsvoll gegen Kindesmissbrauch vorzugehen, wird Seehofer somit nicht gerecht. avr Seite 4

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