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Schwangerschaftsabbrüche: Drohungen gegen Ärzt*innen
Ein Jahr nach Veröffentlichung: 327 Ärzt*innen auf Info-Liste / Bundesärztekammer fordert Regelung zu Hasskriminalität
Ein Jahr ist es her, dass eine offizielle Informationsliste mit Ärzten*innen, die Abtreibungen vornehmen, am 29. Juli 2019 online gegangen ist. Inzwischen haben sich bundesweit 327 Ärzt*innen freiwillig auf der Liste eintragen lassen, wie die Bundesärztekammer (BÄK) mitteilte. Nach einem halben Jahr waren es bundesweit 301 Ärzt*innen und andere Einrichtungen gewesen. Die Liste der Bundesärztekammer war Teil der Reform von Paragraf 219a des Strafgesetzbuches zum sogenannten Werbeverbot für Schwangerschaftsabbrüche.
Nun beklagt die Spitzenorganisation, dass Ärzt*innen, die auf der Liste geführt werden, teils Drohungen und Gewalthandlungen ausgesetzt seien. Dies habe nachteilige Folgen für die medizinische Versorgung von Schwangeren, die einen Abbruch erwägen. Dabei ist diese ohnehin schlecht: So gibt es laut profamilia heute schon 40 Prozent weniger Ärzt*innen, die Schwangerschaftsabbrüche vornehmen, als noch vor zehn Jahren. In einigen Regionen Deutschlands müssten Schwangere bereits »hunderte Kilometer bis zur nächsten Abtreibung« zurücklegen.
Die Bundesärztekammer fordert deshalb, dass Ärzt*innen - vergleichbar den Regelungen zur Hasskriminalität - geschützt werden. Hier sei der Gesetzgeber gefordert. Die Vizepräsidentin der Kammer, Heidrun Gitter, hatte dazu dem »Deutschen Ärzteblatt« gesagt: Wer Schwangeren diese Möglichkeit anbiete, dürfe nicht angefeindet oder in eine Schmuddelecke gestellt werden.
Nach dem Kompromiss der Großen Koalition von Anfang 2019 dürfen Ärzt*innen öffentlich machen, dass sie Schwangerschaftsabbrüche vornehmen - weitere Informationen etwa über Methoden sind aber nicht erlaubt. Dazu sollen Ärzt*innen auf der Liste Angaben machen können. Auf Kritik war gestoßen, dass sie zum Start zunächst nur bundesweit 87 Einträge umfasste. mit dpa
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