Rechtsausleger in der Polizeigewerkschaft

Die Vergangenheit des Berliner DPolG-Landesvorsitzenden Bodo Pfalzgraf wirft einige Fragen auf

  • Aert van Riel
  • Lesedauer: 4 Min.

Wenn Hinweise auf Rassismus und rechte Strukturen in der Polizei auftauchen, kann man sicher sein, dass die Deutsche Polizeigewerkschaft (DPolG) versucht, das Problem kleinzureden. Nachdem nun im Zuge der »NSU 2.0«-Ermittlungen eine Spur zu einem Ex-Polizisten aus Landshut und seiner Frau führte, teilte der bayerische Landeschef der Polizeigewerkschaft, Jürgen Köhnlein, dem Portal Idowa mit: »Die stetige Diskussion um latenten Rassismus, übermäßige Polizeigewalt, Racial Profiling und Stammbaumforschungen nährt den Boden für Spekulationen und haltlose Verdächtigungen.« Köhnlein fügte hinzu, dass das »eigentlich positive Bild der Einsatzkräfte in der Bevölkerung« ins Gegenteil gekehrt werde.

Dabei sind die Aktivitäten der DPolG selber ein Grund dafür, warum die Polizei im linken und liberalen Teil der Öffentlichkeit nicht sonderlich gut dasteht. Ihr Bundeschef ist das CDU-Mitglied Rainer Wendt. Die Organisation, die mit rund 100 000 Mitgliedern kleiner ist als die eher SPD-nahe Gewerkschaft der Polizei (GdP), ist eine Art Verbindungsglied zwischen der CDU und noch weiter rechts stehenden Akteuren. Wendt kommt mit seinen Äußerungen auch bei den ausländerfeindlichen Unterstützern der AfD gut an. So warf er Hunderttausenden Geflüchteten, die nach Deutschland kommen, einmal vor, »unsere Kultur nicht zu kennen oder zutiefst zu verachten«.

Auch andere Funktionäre der Gewerkschaft stehen weit rechts. Der Berliner Landesvorsitzende Bodo Pfalzgraf hatte sich Anfang der 1990er Jahre bei den Republikanern engagiert. Die rechte Partei hetzte damals vor allem gegen Asylbewerber und forderte ein »striktes Verbot für Ausländer, sich politisch zu betätigen«. Das »Antifaschistische Infoblatt« hatte bereits im April 2015 berichtet, dass der Name von Bodo Pfalzgraf auch bei der Gründung des »Hoffmann von Fallersleben Bildungswerk e.V.« (HvFB) im November 1990 in Berlin auftauchte. Zusammen mit anderen rechten Funktionären wie Frank Schwerdt, Rudolf Kendzia und Rita Bönisch habe er zu den ersten Vereinsmitgliedern gezählt.

Enge Beziehungen hätten sich zwischen dem HvFB und früheren Akteuren aus NPD und DVU in der »Deutschen Liga für Volk und Heimat« (DLVH) entwickelt, so das »Antifaschistische Infoblatt«. Das HvFB habe sich um die Schulung junger Kader für die mittlere Führungsebene der neonazistischen Szene bemüht. Zudem wollte es eine Brücke zwischen bekennenden Nationalisten und sich als »patriotisch« oder »konservativ« bezeichnenden Rechten bilden.

Kürzlich haben die Taz und correctiv.org diese Geschichte über die Vergangenheit von Pfalzgraf wieder aufgewärmt. Sie hatten dafür in Zeiten, in denen Drohschreiben verschickt werden, die mit »NSU 2.0« unterschrieben sind, auch gute Gründe. Denn es gibt viele Hinweise darauf, dass das rechte Bildungsnetzwerk, in dem Pfalzgraf aktiv war, eng mit dem Helfernetzwerk für die NSU-Terroristen Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos verbunden war. Letztere hatten in der Bundesrepublik unter anderem Morde begangen und Anschläge verübt. Nach Angaben von correctiv.org zählte das BKA die Gründer des Hoffmann-von-Fallersleben-Bildungswerkes, die inzwischen verstorbene Bönisch und Schwerdt, zu den wichtigsten Personen in den Ermittlungsverfahren im Zusammenhang mit den NSU-Morden.

Offen ist bislang, wie lange Pfalzgraf in dem Bildungswerk aktiv war. Er habe die Republikaner nach etwa zwei Jahren Mitgliedschaft im Oktober 1991 wieder verlassen, teilte der Polizeigewerkschafter der Taz mit. Als Grund nannte er »Radikalisierungstendenzen innerhalb der Partei«. Diese Begründung klingt nicht sonderlich glaubwürdig. Denn dem parteinahen Bildungswerk blieb er offensichtlich noch einige Zeit treu. Laut Taz findet sich der Name Pfalzgraf auf einer Mitgliedsliste des Vereins, die auf den März 1992 datiert ist. Dazu hüllte er sich in Schweigen. Nach dem Ausscheiden von Pfalzgraf, berichtet correctiv.org, waren auch der verurteilte NSU-Unterstützer Carsten Schultze und der Anführer des Thüringer Heimatschutzes, Tino Brandt, bei Veranstaltungen des Vereins anwesend. 2006 wurde die Auflösung beschlossen.

Eines der Lieblingsthemen des Berliner DPolG-Landesverbands ist derzeit die Verteidigung brachialer Polizeieinsätze gegen linke Hausprojekte in der Friedrichshainer Rigaer Straße. Das ist zumindest ein Beleg dafür, dass Pfalzgraf seiner rechten Gesinnung treu geblieben ist.

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