Türkei baut Kontrolle über Facebook und Twitter per Gesetz aus

»Soziale Medien« müssen innerhalb von 48 Stunden Inhalte ändern oder löschen

  • Lesedauer: 2 Min.

Istanbul. In der Türkei werden Twitter, Facebook und andere soziale Medien einer schärferen Kontrolle unterzogen. Das türkische Parlament verabschiedete am Mittwoch ein stark umstrittenes Gesetz, das Plattformen mit mehr als einer Million türkischen Nutzern täglich unter anderem dazu verpflichtet, Niederlassungen in der Türkei mit einem türkischen Staatsbürger als Vertreter zu eröffnen. Das berichtete die Nachrichtenagentur Anadolu.

Demnach müssen Anbieter zudem innerhalb von 48 Stunden auf Anfragen zur Aufhebung oder Änderung bestimmter Inhalte reagieren. Kommen sie den Regelungen nicht nach, drohen hohe Geldstrafen und Einschränkungen der Dienste im Land. Bereits im Voraus wurde das Gesetz scharf kritisiert.

Verstießen Inhalte im Netz gegen in der Türkei geltende Regeln, drohten den künftigen Vertretern im Land Strafanzeigen, sagte etwa der Internetexperte Yaman Akdeniz der Deutschen Presse-Agentur. Bereits jetzt gebe es starke Einschränkungen Im Netz. Weil viele Anbieter keinen Sitz im Land hätten, seien Pflichten wie das Speichern von Userdaten bisher einfach umgangen worden. Akdeniz appellierte an die Anbieter: »Kommt unter den gegebenen Umständen nicht in die Türkei.«

Die Organisation Reporter ohne Grenzen hatte vorab mitgeteilt, die Regierung versuche »die letzte Zuflucht für kritische Journalisten in der Türkei« zu kontrollieren. Türkische Medien stehen zum Großteil unter direkter oder indirekter Kontrolle der Regierung. In den vergangenen Jahren wurde auch die Kontrolle über Inhalte im Internet immer wieder verstärkt.

»Wir haben das Ziel, die Beleidigung, die Beschimpfungen in den sozialen Medien und die Belästigungen, die durch dieses Medium gemacht werden, zu beenden«, hatte Özlem Zengin, stellvertretende Fraktionsvorsitzende der regierenden AKP, das Gesetz zuvor verteidigt.

Präsident Recep Tayyip Erdogan hatte Anfang Juli eine stärkere Kontrolle sozialer Medien angekündigt: »Diese Kanäle, in denen es von Lügen, Beleidigungen, Angriffen auf das Persönlichkeitsrecht und Rufmorden wimmelt, müssen reguliert werden«, sagte Erdogan. dpa/nd

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.