- Politik
- Coronakrise
Linke Zentren starten Spendenkampagne
In der Coronakrise fürchten viele Läden in der Bundesrepublik um ihre Existenz
»Aufgrund der aktuellen Umstände im Zusammenhang mit Covid-19 bleibt der Com.Space vorerst leider für öffentliche Veranstaltungen geschlossen«, heißt es auf der Internetpräsenz des Stadtteilladens Community Space, der sich im Erdgeschoss eines Neubaus im Bahnhofsviertel von Frankfurt am Main befindet. Bis Mitte März haben dort in regelmäßigen Abständen Diskussionsveranstaltungen über prekäre Arbeitsverhältnisse und Stadtentwicklung stattgefunden. Mit dem Lockdown Mitte März mussten alle geplanten Aktivitäten abgesagt werden; bis heute konnten sie nicht wiederaufgenommen werden.
So geht es vielen linken Zentren in der gesamten Republik. Je länger die Coronakrise dauert, desto stärker sind sie in ihrer Existenz bedroht. Ohne Veranstaltungen und Konzerte fallen auch die Einnahmen weg, die meistens durch Getränkeverkauf und Spenden erwirtschaftet wurden. Doch Mieten und andere laufende Kosten müssen weiter beglichen werden und der Schuldenberg wächst, auch wenn die Mieten temporär gestundet werden.
In dieser Situation haben sich die Aktivist*innen auf den alten linken Wert der Solidarität besonnen. In Hamburg und Frankfurt am Main haben linke Zentren über Startnext eine digitale Spendenkampagne gestartet. »Uns verbindet, dass wir Räume gestalten, in denen ein freies und selbstbestimmtes Leben, unabhängig von Leistung, Profit und Konkurrenz, ausprobiert werden kann. Durch den Corona-bedingten Ausfall von Veranstaltungen und damit dem Wegbrechen unserer Finanzierungsmöglichkeiten können wir unsere Unkosten nicht weiter decken«, heißt es in dem Solidaritätsaufruf, der von den Zentren EXZESS, Faitesvotre jeu!, Internationales Zentren (IZ), Centro und Community Space verfasst wurde.
Die Einrichtungen befinden sich in mehreren Stadtteilen der Mainmetropole und ihre inhaltlichen Schwerpunkte sind unterschiedlich. So steht im IZ die Solidarität mit den Kämpfen gegen Ausbeutung und Unterdrückung in allen Teilen Welt im Mittelpunkt. Der Fokus der Arbeit des Faites votre jeu!, das sich in einem ehemaligen Polizeigefängnis im Zentrum von Frankfurt am Main befindet, liegt auf der antifaschistischen Gedenkarbeit.
Zum zwölften Geburtstag lädt die Initiative zum Besuch der beiden Ausstellungen ein, die dort besichtigt werden können. Im Keller des Gebäudes werden die Entstehungsgeschichte des ehemaligen Polizeigefängnisses Klapperfeld und die Nutzung während des Nationalsozialismus behandelt.
Im zweiten Stock befindet sich die Ausstellung »Raus von hier - Inschriften von Gefangenen in Abschiebehaft und Polizeigewahrsam im Klapperfeld - 1955-2002«. Dort bekommt man einen Eindruck von den Gefühlen und Sorgen der Häftlinge, die sich dort verewigten. Wegen der Corona-Maßnahmen muss die geplante Geburtsparty des Faites votre jeu! in diesem Jahr ausfallen. Die Ausstellungen aber können von 15 bis 20 Uhr besichtigt werden.
Matthias Schneider, der seit Jahren im Faites votre jeu aktiv ist, betont, dass gerade in Corona-Zeiten die Bedeutung linker Zentren wichtiger denn je ist. »Debatten können ins Internet verlegt werden. Aber wir brauchen Orte, an denen wir uns treffen und uns gegen Rassismus, prekäre Arbeitsverhältnisse und Gentrifizierung organisieren können«, betont Schneider im Gespräch mit »nd«. Bei der Gründung der Crowdfunding-Kampagne habe man sich von dem Grundsatz leiten lassen, dass die einzelnen Zentren nicht gegeneinander konkurrieren, sondern gemeinsam agieren. Dabei sei allen klar, dass viele der Besucher*innen des Zentrums nicht viel Geld haben und durch die Coronakrise vielleicht auch ihre Jobs verloren haben. Aber Schneider hat die Hoffnung, dass sich auch Menschen finden, die noch bereit und in der Lage sind, eine Spende zu leisten.
Der Beginn der Startnext-Kampagne ist durchaus vielversprechend. In wenigen Stunden sind fast 9000 Euro zusammengekommen. Bis zum 30. August sollen 30 000 Euro gesammelt werden, die dann auf die einzelnen Zentren verteilt werden können.
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.