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Nahbar Forschen

Eine Publikation der Bosch-Stiftung fragt, wie man Wissenschaft kommuniziert

  • Susanne Romanowski
  • Lesedauer: 3 Min.

Es wäre vor einem Jahr wohl unvorstellbar gewesen, dass ein nüchterner Wissenschaftspodcast in zwei Monaten 41 Millionen Mal angehört wird. Das »Coronavirus Update« mit dem Virologen Christian Drosten hat das geschafft. Seitdem ist Wissenschaftskommunikation und die Frage, wie sie gelingen kann, in aller Munde - und im besten Fall auch davor, wenn die Maske richtig getragen wird.

Doch während ein Großteil der Gesellschaft Wissenschaft generell schätzt und vertraut, wissen nur wenige, wie sie funktioniert, so das Wissenschaftsbarometer. Die Robert-Bosch-Stiftung hat deshalb 2018 das Projekt »Mensch Wissenschaft!« gestartet, bei dem Bürger*innen und Wissenschaftler*innen an Hochschulen ins Gespräch kommen sollen. Die kürzlich erschienene Publikation zum Projekt soll nicht nur die vom Projekt durchgeführten Veranstaltungen evaluieren, sondern als »Rezept zum Nachkochen« dienen.

Ziel sei es, die »Probleme, Kompetenzen und Interessen der Menschen in den Mittelpunkt des Austauschs zwischen Wissenschaft und Gesellschaft zu stellen«. Universitäten hätten dafür eine Schlüsselposition. Neben Forschung und Lehre soll Wissenschaftskommunikation ihre »dritte Mission« sein. Dafür hat die Bosch-Stiftung bisher zwei zweitägige Veranstaltungen zu Themen wie Radverkehr, Falschnachrichten und Rolle der Wissenschaft organisiert.

Die Publikation tut sich durch drei Aspekte hervor: Zunächst findet sich der Anspruch, Wissenschaft zugänglich zu kommunizieren, in der Aufmachung wieder. Verständliche Fließtexte wechseln sich ab mit Workshopberichten, Interviews und anschaulich visualisierten Daten, am Schluss sind Checklisten für die Durchführung eigener Veranstaltungen angehängt.

Außerdem setzt sich »Mensch Wissenschaft!« reflektiert damit auseinander, warum Wissenschaftskommunikation in der Arbeit vieler Forschenden ein Schattendasein fristet: weil die Tätigkeit nicht bezahlt wird, weil Weiterbildungsangebote fehlen, weil Wissenschaftler*innen zunehmend Drittmittel einwerben müssen. Hervorgehoben würden so die Marketingaspekte in der Vermittlung wissenschaftlicher Erkenntnisse - und nicht ihre vertrauensbildende Funktion für die Gesellschaft außerhalb der Hochschule. Auch Wissenschaftsjournalismus stünde vermehrt unter ökonomischem Druck. Ein Problemaufriss wie dieser setzt primär auf Kritik auf institutioneller Ebene - und eröffnet gleichzeitig die Möglichkeit, im Kleinen mehr Angebote für Wissenschaftler*innen zu schaffen, von denen »Mensch Wissenschaft!« ein Teil sein kann.

Zuletzt ist auch der Wissenschaftsbegriff, mit dem die Broschüre operiert, ein inklusiver und realitätsnaher. So wird auf die Vorläufigkeit wissenschaftlicher Erkenntnisse hingewiesen. Die Publikation unterstreicht die methodische Vielfalt in den einzelnen Disziplinen - nicht alle Wissenschaften arbeiten mit Daten, in den Geisteswissenschaften kommt es oft eher auf eine nachvollziehbare, überzeugende Argumentation an. Insgesamt seien die Veranstaltungen, wenn auch nicht kritiklos, von den Teilnehmer*innen positiv bewertet worden. Gern würde die Mehrheit wieder an vergleichbaren Veranstaltungen teilnehmen.

Darin liegt der Wermutstropfen der Publikation: Das »Rezept zum Nachkochen« wird so bald nicht angewendet. Ausgelegt waren die Veranstaltungen bisher auf 50 bis 100 Personen, der persönliche Kontakt in Workshops und Kaffeepausen wird als Basis für die Annäherung von Wissenschaft und Gesellschaft präsentiert. In Zeiten von Corona liegen solche Treffen in weiter Ferne. Die neue Selbstverständlichkeit digitaler Alternativen ist dem Konzept nicht zu entnehmen. Gerade weil das Projekt auf eine »dauerhafte Vernetzung« von Gesellschaft und Wissenschaft abzielt, wird es unerlässlich sein, das Internet künftig mit einzubeziehen.

Robert-Bosch-Stiftung: Mensch Wissenschaft! Wie Hochschulen Bürger und Wissenschaftler ins Gespräch bringen. 84 S., Online frei verfügbar: kurzelinks.de/MenschWissenschaft

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