US-Senatoren drohen dem Hafen Sassnitz
Politik fordert Gegenmaßnahmen für Zukunft von Nord Stream 2
Berlin. Nach der Sanktionsdrohung aus den USA gegen den deutschen Ostseehafen Sassnitz-Mukran wegen der Gaspipeline Nord Stream 2 wird der Ruf nach Gegenmaßnahmen immer lauter. Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) forderte von der Bundesregierung, »dass sie diesen Erpressungsversuchen entschieden entgegentritt«. Der Grünen-Außenpolitiker Jürgen Trittin nannte die Drohung eine »wirtschaftliche Kriegserklärung«. Die deutsche Wirtschaft spricht von einem »beispiellosen« Vorgang und pocht auf Gegenmaßnahmen.
Ein Regierungssprecher erklärte lediglich, man habe das Schreiben der US-Senatoren an den Hafen zur Kenntnis genommen. Deutlicher wurde der Staatsminister im Auswärtigen Amt, Michael Roth: »So etwas geht natürlich überhaupt nicht, wir dürfen uns nicht erpressbar machen lassen«, sagte der SPD-Politiker dem Deutschlandfunk. Am Ende helfe kein Jammern und Wehklagen, sondern mehr europäisches Selbstbewusstsein. »Wir sollten uns von solchen Drohungen nicht beeindrucken lassen.«
Drei US-Senatoren hatten am Mittwoch in einem Schreiben an den Hafen schwere Strafmaßnahmen angedroht: »Den Vorstandsmitgliedern, leitenden Angestellten und Aktionären der Fährhafen Sassnitz GmbH wird die Einreise in die Vereinigten Staaten untersagt, und jegliches Eigentum oder jegliche Eigentumsbeteiligung, die sie in unserem Zuständigkeitsbereich haben, wird eingefroren.«
Damit wird erstmals ein Fall öffentlich bekannt, in dem sich Sanktionen direkt gegen ein deutsches Unternehmen richten. Besonders brisant: Der Fährhafen gehört zu 90 Prozent der Stadt Sassnitz und zu 10 Prozent dem Land Mecklenburg-Vorpommern. Damit richtet sich die Drohung indirekt auch gegen eine Landesregierung. Zusätzliche Brisanz erhält sie dadurch, dass der Hafen Sassnitz-Mukran auf Rügen im Wahlkreis von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) liegt.
Der Hafen spielt eine zentrale Rolle beim Bau der Ostsee-Pipeline Nord Stream 2, die aus Russland kommend in Lubmin am Greifswalder Bodden anlanden soll. In Sassnitz lagern die für die Fertigstellung benötigten Stahlrohre, die in einer Fabrik in Mukran mit Beton ummantelt wurden. Zudem liegt dort das Verlegeschiff der russischen Firma Gazprom, die »Akademik Tscherski«, das zusammen mit dem russischen Schiff »Fortuna« den Pipeline-Bau vollenden soll. Im Stadthafen Sassnitz hat außerdem ein Wohnschiff für rund 140 Arbeiter festgemacht. Es wird vermutet, dass sie mit dem Weiterbau der Gastrasse zu tun haben.
Es fehlen noch gut 150 Kilometer der insgesamt 2360 Kilometer langen beiden Stränge der Pipeline. Das Projekt ist also zu 94 Prozent vollendet. dpa/nd
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.