Deutsche Linke fordert Sanktionen

Parteispitze für gezielte Maßnahmen gegen politisch Verantwortliche in Belarus / Differenzen in der Bundestagsfraktion

Seit Beginn der Proteste gegen das Regime von Präsident Alexander Lukaschenko in Belarus wird auch in der deutschen Linkspartei über EU-Sanktionen debattiert. Die Verhaftung und Misshandlung zahlreicher Demonstranten hat die Linke veranlasst, sich der Forderung nach mehr Druck auf den belorussischen Staat anzuschließen. Am Samstag sprach sich ihr Bundesvorstand angesichts des brutalen Vorgehens der Polizei für Sanktionen aus und forderte die Freilassung aller politischen Gefangenen.

»Die für die Repression Zuständigen müssen zur Verantwortung gezogen werden, auch mit individuellen Sanktionen, die sich aber nur direkt gegen sie richten sollen und nicht gegen die ganze Bevölkerung«, heißt es in dem Beschluss der Parteispitze, der »nd« vorliegt. Weiter verlangt das 44-köpfige Gremium »ein Ende der Gewalt gegen friedlich Demonstrierende« sowie die Wahrung der Rechte auf Versammlungsfreiheit, freie Meinungsäußerung, Pressefreiheit und freie Wahlen. Mit Blick auf mutmaßliche Wahlfälschung bei der Präsidentschaftswahl am 9. August wird eine »transparente Neuauszählung der Stimmzettel« verlangt.

Die Parteispitze konstatiert, neben der Menschenrechtslage in Belarus seien auch die »schwelende Wirtschaftskrise und die mangelhafte Bekämpfung der Corona-Pandemie« Ursachen der aktuellen Proteste.

Der Bundesgeschäftsführer der Linken, Jörg Schindler, hatte bereits am Freitag erklärt, die »erschütternden Berichte über Wahlfälschung, Gewalt und Folter in Belarus« erforderten »eine entschiedene und koordinierte Antwort der europäischen Staaten«. Die Bundesregierung müsse »alle diplomatischen Mittel ausschöpfen«. Zudem müsse »die politische Verfolgung von Regimegegnern in Belarus in Deutschland und Europa als Asylgrund anerkannt werden«.

Der stellvertretende Vorsitzende der Linksfraktion im Bundestag, Andrej Hunko, hatte sich vergangenen Dienstag noch gegen Sanktionen ausgesprochen. »Diplomatie, nicht Sanktionen sind das Gebot der Stunde«, erklärte er. Stattdessen müssten vor allem die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) und der Europarat in ihrer Vermittlungstätigkeit zwischen Opposition, Bürgern und Regierung zu unterstützt werden. Sie seien als »Ost-West-übergreifende Institutionen die wichtigsten Akteure«, betonte Hunko, der auch europapolitischer Sprecher der Fraktion ist. Zudem rügte der Politiker die Außenpolitikexperten der anderen Fraktionen. Es sei »beschämend«, dass ihnen »nicht mehr einfällt, als immer neue EU-Sanktionen zu fordern«. Diese seien in den meisten Fällen »wirkungslos, häufig gar kontraproduktiv«. Hunko ist überzeugt, dass jetzt »Visaerleichterungen und verstärkte zivilgesellschaftliche Zusammenarbeit« das »richtige Zeichen der Solidarität mit den Menschen in Belarus« wären.

Am Samstag wertete Linksfraktionschef Dietmar Bartsch diese Äußerungen im Deutschlandfunk als »missverständlich« und »nicht so glücklich«. Zugleich äußerte jedoch auch er Skepsis gegenüber Sanktionen. Es sei die »relativ klare Haltung« seiner Partei, dass diese zu nichts führten und »immer die Falschen« treffen. Mit Blick auf die Lage in Belarus sagte er indes: »In dieser Situation kann das als politisches Symbol Sinn machen.«

Hunko äußerte sich indes am Samstag erneut zu Belarus, sparte aber das Thema Sanktionen aus. Er forderte eine Unterstützung der Opposition in ihrer Forderung nach einem Runden Tisch durch die EU-Staaten. Ein solcher Runder Tisch solle »Vertreter der Opposition, der streikenden Beschäftigten und dialogbereite Teile der politischen Führung umfassen sowie von internationalen Beobachtern begleitet werden«, forderte der Linke-Politiker. Gegenstände eines Dialogs, so Hunko, könnten eine transparente Neuauszählung der Stimmen oder eine »Roadmap für Neuwahlen« sein. Auch die »Aufarbeitung der brutalen Polizeigewalt« gegen friedliche Demonstrierende und die Freilassung politischer Gefangener müssten eine Rolle spielen. Die Linksfraktion in der Parlamentarischen Versammlung des Europarats habe eine entsprechende Initiative gestartet.

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