Gähnende Leere im Rententopf

Linkspartei wirbt in Sachsen für Stärkung der gesetzlichen Altersversorgung

  • Hendrik Lasch
  • Lesedauer: 3 Min.

Der Topf, den die Linkspartei auf den Chemnitzer Wochenmarkt gewuchtet hat, besteht aus rot lackiertem Aluminium, ist brusthoch und fasst gut 1200 Liter. Zwischen Bratwurstbuden und Ständen mit Fischbrötchen wirkt er so, als könne man unter dem Deckel Erbsensuppe erwarten. Tatsächlich aber ist das Gefäß, das als »riesiger Rententopf« angekündigt wurde, gähnend leer.

Ganz so schlecht ist es um die gesetzliche Rente, die der Topf symbolisieren soll, nicht bestellt. Dennoch sind deren Erträge so mager, dass viele Ruheständler keine auskömmlichen Altersbezüge erhalten. 2,4 Millionen Rentner bekämen weniger als 1000 Euro im Monat aus den Rentenkassen, obwohl sie 40 Jahre eingezahlt hätten, ist in einer kleinen Informationsausstellung zu erfahren, die den Topf rahmt. Bundesweit ist das jeder Dritte; in Sachsen und Brandenburg sei der Anteil noch höher. »Den Osten«, sagt Linke-Bundeschefin Katja Kipping, »trifft es mit besonderer Härte.«

Mit dem knallroten Rententopf im Gepäck tourt Kippings Partei bis Mitte Oktober durch 33 Orte in Sachsen, um auf die Missstände in der gesetzlichen Rente aufmerksam zu machen und über Gründe dafür aufzuklären. Einen symbolisiert ein zweiter, kleinerer, goldener Topf, der laut Aufschrift »Extrawürste« enthält: Pensionsregelungen für Beamte oder Politiker oder Beitragsbegrenzungen für Gutverdiener etwa. Diese kritisiert die Linke. »Wir wollen keinen Zaubertrank à la Asterix«, sagt Kipping. Die gesetzliche Rente könne aber beispielsweise gestärkt werden, wenn mehr Menschen als bisher einzahlen müssten.

Die Ideen zu der Kampagne stammen aus einer Zeit, als der Bundestag die Grundrente diskutierte. Deren ursprüngliche Intention bestand darin, die kleinen Renten vieler Senioren aufzubessern. »Wir hätten das unterstützt«, sagt Kipping. Allerdings wurde die Idee von SPD-Arbeitsminister Hubertus Heil in der Großen Koalition verwässert. Die Grundrente kommt nun nicht drei Millionen, sondern nur einer Million Menschen zugute; diese müssen zudem Bedürftigkeit nachweisen. »Unwürdig« nennt das Kipping. Ihre Partei schlägt stattdessen eine »solidarische Mindestrente« von 1050 Euro vor. Zudem solle das Rentenniveau auf 53 Prozent angehoben und ein höherer Mindestlohn gezahlt werden. »Faire Löhne in den Erwerbsjahren«, sagt Susanne Schaper, Sozialexpertin der Linken im sächsischen Landtag, seien schließlich »die Grundlage für eine gute Rente«.

Für Schaper ist der rote Rententopf ein Werbemittel im Wahlkampf: Die Abgeordnete, die zudem Landeschefin der Linken ist, kandidiert bei der Wahl des Oberbürgermeisters, die in Chemnitz am 20. September stattfindet. Renten seien durchaus ein Thema für die Kommunalpolitik, sagt sie, gerade in einer Stadt wie Chemnitz, in der gut ein Drittel der Einwohner älter als 60 Jahre ist. Bei niedrigen Renten sinke die Kaufkraft, was zum Beispiel bedeute, dass Läden und Cafés am Chemnitzer Markt leerer blieben, sagt Schaper bei Eröffnung der Kampagne. Gleichzeitig seien mehr alte Menschen auf Tafeln angewiesen. Politik müsse aber sicherstellen, dass ein »Altern in Würde« möglich sei.

In Chemnitz und generell in Ostdeutschland stellt sich das Problem in besonderer Schärfe. Dort, sagt Schaper, gehen in den nächsten Jahren viele Menschen in Rente, die nach 1990 gebrochene Erwerbsbiografien hatten, zeitweise arbeitslos waren, in Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen genötigt wurden oder niedrige Löhne verdienten. Man schiebe eine »Bugwelle der Altersarmut« vor sich her, sagt Kipping. Um im Bild der Kampagne zu bleiben: Der »Rententopf« enthält für diese Menschen keine nahrhafte Suppe, sondern nur noch Brosamen.

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