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Polizeiführung in Rochester nach Protesten zurückgetreten
Seit dem Bekanntwerden eines Verhaftungsvideos gibt tagelange Black-Lives-Matter-Proteste in der Stadt im Staat New York
New York. Nach dem Tod eines Afroamerikaners bei seiner Festnahme durch die Polizei in Rochester ist der Polizeichef zusammen mit der allen sechs weiteren Beamten aus der Polizeiführung der Stadt in den Ruhestand gegangen. Der oberste Polizist der Stadt im Bundesstaat New York wies am Dienstag zugleich aber Vorwürfe zurück, er habe Fehlverhalten seiner Beamten vertuschen wollen. »Ich bin ein integrer Mann«, betonte La'Ron Singletary in seiner Rücktrittserklärung. Der afroamerikanische Polizist bezeichnete sich als Opfer einer »Politisierung« des Vorfalls.
Der neu bekannt gewordene Fall von Polizeigewalt gegen Schwarze hatte es sechs Tage lang Anti-Rassismus-Demonstrationen in Rochester und auch in der Stadt New York ausgelöst - sie waren überwiegend friedlich. Der Polizeieinsatz mit dem Todesfall hatte sich bereits am 23. März ereignet, war aber erst Anfang September durch das Video von der Körperkamera eines Polizisten bekannt geworden, das Lokaljournalisten veröffentlichten.
Darin ist zu sehen, wie der Afroamerikaner Daniel Prude nackt und unbewaffnet auf einer Straße liegt. Er wird zunehmend aufgeregter, nachdem die Beamten ihm Handschellen angelegt haben.
Weiter ist zu sehen, dass Prude eine Spuckhaube aufgesetzt wird, ein Beamter drückt dann seinen Kopf auf den Boden. Der 41-Jährige verlor das Bewusstsein und starb eine Woche später im Krankenhaus. Laut Lokalmedien kam die Autopsie zu dem Schluss, dass es sich um ein Tötungsdelikt gehandelt habe. Zu dem Einsatz gerufen worden war die Polizei von Prudes Bruder. Dieser sagte, er habe die Polizei wegen psychischer Probleme seines Bruders gerufen.
Die sieben an der Festnahme beteiligten Polizisten wurden vom Dienst suspendiert. Die Generalstaatsanwaltschaft des Bundesstaats New York leitete eine Untersuchung ein und kündigte am Wochenende an man wolle ein Grand Jury einsetzen.
Der Rücktritt hatte die ebenfalls schwarze Bürgermeisterin der Stadt am Dienstagnacht offenbar überrascht. »Es gibt noch keinen Plan, wie wir jetzt weitermachen«, erklärte sie kurz nach Bekanntwerden der Entscheidung der Polizeiführung um Singletary. In den letzten Wochen und Monaten hatten Polizeibeamte und Polizeigewerkschaften die massenhafte Entscheidung von Polizisten vorzeitig in den Ruhestand zu gehen als Druckmittel gegenüber Bürgermeistern und Stadtverordneten genutzt, um Reformforderungen abzuwehren.
Antonio Romanucci, der Anwalt der Familie Prude, nannte die Entscheidung der Top-Polizisten einen »wichtigen Schritt auf dem Weg zu Reformen«, kritisierte aber auch Singletary und die Polizeiführung hätten den Fall Prude vertuschen wollen. Das systemische Rassismus in der Polizei müsse beendet, die Ausbildung der Polizisten verändert werden. Auch Black-Lives-Matter-Demonstranten in der Stadt wollen weiter Druck machen. »Unsere Bewegung gewinnt, weil wir Nacht für Nacht demonstrieren«, erklärte die Gruppe Free the People Roc. mwi/AFP
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