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Kampfansage an Beschäftigte
Aktionswoche gegen Stellenabbau und Werkschließungen bei Autozulieferer Conti
Der historische Einbruch in der Autobranche löst bei vielen Beschäftigten Existenzängste und Proteste aus. Das gilt in dieser Woche besonders für den Autozulieferer Continental, der einen Kahlschlag bei Arbeitsplätzen und bei ganzen Standorten plant. Schwerpunkt der Aktionen ist der IG-Metall-Bezirk Mitte, der Hessen, Thüringen, Rheinland-Pfalz und das Saarland umfasst; allein hier liegen 16 Conti-Standorte. In Babenhausen (Hessen) und Rheinböllen (Rheinland-Pfalz) sind am Donnerstag Autokorsos geplant. »Continental will im Schatten der Krise seine Wettbewerbsfähigkeit auf Kosten der Beschäftigten ausbauen, Standorte auspressen, Personalkosten drücken und Arbeitsumfänge verlagern«, so IG-Metall-Bezirksleiter Jörg Köhlinger. »Das ist keine Strategie, sondern eine Kampfansage an die Beschäftigten.« Die IG Metall werde nicht hinnehmen, dass Konzerne die Krise für umfangreiche Strukturanpassungen ohne Sicherheiten für die Beschäftigten nutzen wollten. »Wer sich unfair verhält, bekommt den Druck der Beschäftigten zu spüren«, so der Gewerkschafter.
Köhlingers Appell dürfte in der Hannoveraner Konzernzentrale wohl ungehört verhallen. So erfuhren die Beschäftigten des Werks im hessischen Karben vor wenigen Tagen, dass ihr Betrieb komplett geschlossen werden soll. Dagegen wollen sie mit einer Menschenkette und einer Kundgebung vor dem Tor protestieren. »Die Solidarität ist sehr groß, und die Politik muss sich einmischen, um eine Lösung zu erreichen«, fordert der Frankfurter IG-Metall-Bevollmächtigte Michael Erhardt.
Der Betriebsrat akzeptiert die Gründe für eine Schließung nicht. Die Conti-Führungsriege wolle »sich binnen kürzester Zeit möglichst vieler Mitarbeiter oder gleich ganzer Standorte in Deutschland entledigen«, so der in einem offenen Brief geäußerte Vorwurf. Anders als in anderen Konzernen wie ZF, Bosch oder Mercedes sei man bei Continental nicht einmal bemüht, »im Dialog mit den Arbeitnehmervertretern eine gemeinsame Lösung zu erarbeiten«.
In Karben fühlt man sich von der Konzernspitze hintergangen. Im Glauben an eine längerfristige Standortsicherung wurden seit der Krise 2009 in Ergänzungstarifverträgen insgesamt 52 Millionen Euro bei Löhnen und Gehältern geopfert sowie Arbeit ohne Bezahlung und geringere Rentenansprüche in Kauf genommen, so der Betriebsrat. Ähnliche Opfer hätten die Belegschaften in Babenhausen (Hessen) und Villingen (Baden-Württemberg) erbracht. Doch die Hoffnungen hätten sich nicht erfüllt: »Für einen wertgleichen Betrag der eingesparten Löhne wurden zwei neue Werke in Osteuropa aus dem Boden gestampft. Das Kapital der scheinbar erkauften Standortsicherung wurde einem gegenläufigen Verwendungszweck zugeführt«, so der Karbener Betriebsrat.
Sauer auf die Chefs sind die Metaller auch deshalb, weil sie mit dem Wunsch, »die Abhängigkeit von der Automobilindustrie zu minimieren«, in Hannover immer wieder auf taube Ohren gestoßen seien. Der dringend benötigte Aufbau eines zweiten Standbeines jenseits der Autobranche sei ausgeblieben, so ihr bitteres Fazit. Dabei stehe der Karbener Betrieb für eine hochmoderne Elektronikfertigung und Automatisierung sowie hohe Qualität und Liefertreue.
Größter Continental-Aktionär ist mit 46 Prozent die Unternehmerfamilie Schaeffler, die ihren Rang in der Liste der reichsten Deutschen durch Aktienkursschwankungen gefährdet sieht. Von ihr dürfte ein besonderer Druck zum Kahlschlag ausgehen. »Die Interessen der Aktionäre sind offenkundig mehr wert als die der Beschäftigten und die Mitbestimmungsrechte unserer Betriebsräte«, kritisiert der Metaller Erhardt.
Auch im Bezirk Berlin-Brandenburg-Sachsen organisiert die IG Metall ab Donnerstag Aktionstage gegen Angriffe auf Tarifverträge und Mitbestimmung, drohende Insolvenzen, Standortschließungen und Stellenstreichungen. Von der Krise betroffen sind neben der Autobranche aber auch Maschinenbau, Stahlindustrie und Kontraktlogistik. Bis zum Wochenende sind Aktionen vor Betrieben und auf Marktplätzen sowie Flashmobs geplant.
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