Streit um Journalisten
Australien und China kritisieren Umgang mit Korrespondenten
Das australisch-chinesische Verhältnis ist auf einem weiteren Tiefpunkt angekommen. Beide Länder werfen sich gegenseitig vor, Korrespondenten im Land zu drangsalieren. Am Mittwoch warf ein Sprecher des Außenministeriums in Peking den australischen Behörden vor, im Juni auf »barbarische« Weise gegen chinesische Journalisten vorgegangen zu sein. Die Wohnungen von vier Journalisten der staatlichen chinesischen Organisationen Xinhua News Agency, China Media Group und China News Service sollen wegen möglicher Verstöße gegen australische Gesetze zur Einmischung ausländischer Personen durchsucht worden seien, Arbeitscomputer, Telefone und andere Geräte sollen beschlagnahmt worden seien. Die Journalisten sind mittlerweile wieder in China.
Australische Medien spekulieren, dass die Verhöre im Zusammenhang mit einer möglichen chinesischen Einflussnahme auf den australischen Politiker Shaoquett Moselmane und dessen Mitarbeiter John Zhang stehen, die derzeit untersucht wird. Bereits vergangene Woche wurde bekannt, dass die australische Journalistin Cheng Lei Mitte August in China festgenommen wurde. Die Journalisten Bill Birtles, China-Korrespondent des staatlichen australischen Senders ABC, und Michael Smith vom Wirtschaftsmedium Australian Financial Review, haben zudem China am Montag verlassen. Beiden war von der chinesischen Polizei mitgeteilt worden, dass sie im Rahmen der Ermittlungen gegen Cheng Lei befragt werden sollen.
Laut ABC-Berichten warnten australische Diplomaten den in Peking stationierten Birtles bereits vergangene Woche, dass er China verlassen solle. Nach einer weiteren Warnung organisierte der Sender einen Abflug für vergangenen Donnerstag. Doch noch während Birtles Abschiedsfeier am Mittwochabend in seiner Wohnung kam die Polizei und untersagte ihm, das Land zu verlassen.
Birtles ließ sich daraufhin von Konsulatsbeamten abholen und verschanzte sich vier Tage in der australischen Botschaft in Peking. Dort fand letztendlich ein Polizeiinterview in Anwesenheit des australischen Botschafters in China statt. Danach wurde ihm die Ausreise schließlich gestattet. Birtles und auch Smith, der in Shanghai von der Polizei aufgesucht wurde und sich ebenfalls in die dortige australische Vertretung begab, sind nun in Australien.
Die Mitte August in Peking festgenommene Cheng Lei ist Moderatorin beim China Global Television Network. Die 45-Jährige hatte vor allem zu Beginn der Coronakrise regierungskritische Texte in den sogenannten Sozialen Medien gepostet. Die Behörden gaben am Dienstag bekannt, dass gegen sie wegen des Verdachts »krimineller Aktivitäten, die die nationale Sicherheit Chinas gefährden« Zwangsmaßnahmen ergriffen worden seien. Die Ermittlungen liefen noch. Genauere Angaben, was die »kriminellen Aktivitäten« gewesen sein könnten, wurden nicht gemacht.
Experten bezeichnen die Verhaftungen von Ausländern durch chinesische Behörden als »Geiseldiplomatie«. Es seien »strategische Tricks in Zeiten extremer bilateraler Spannungen«, hieß es in der australischen Ausgabe des »Guardian«. Peter Greste, Sprecher der Alliance for Journalists’ Freedom, sagte dem Medium, mit der Behandlung von Birtles und Smith solle offensichtlich ein politisches Statement gemacht werden. »Journalisten sollten niemals als politisches Druckmittel oder als Geisel eingesetzt werden«, sagte Greste, der zwischen 2013 und 2015 als Journalist für Al Jazeera in Ägypten inhaftiert war.
Die Einschüchterung der Journalisten belastet das Verhältnis zwischen Canberra und Peking weiter, das sich seit Monaten auf einem historischen Tiefpunkt befindet. Bis auf Chen Lei sind nach der Evakuierung Birtles und Smiths keine akkreditierten australischen Korrespondenten mehr in China. Australische Medien sind nicht die einzigen, die mit den chinesischen Behörden aneinandergeraten sind. Im März wies Peking auch 14 US-amerikanische Journalisten aus. Zuvor hatte die US-Regierung das Personal chinesischer Medien in den USA eingeschränkt.
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.