- Politik
- Ende Gelände
Weder von Corona noch von der Polizei zu bremsen
Gegen den Abbau von Kohle und Gas: Ende Gelände will Infrastruktur im Rheinland blockieren
Eigentlich ist so ein Aktionswochenende von »Ende Gelände« eine recht simple Angelegenheit. Mit ein paar Freunden zusammen geht man zu einem großen Camp, diskutiert dort ein bisschen, freut sich über das Essen von der Volxküche und wenn es dann losgeht, zieht man den weißen Maleranzug an und einen Rucksack über die Schultern. In dem ist alles drin, was notwendig ist, um eine Nacht auf Bahnschienen oder in einer Kohlegrube zu verbringen. Dann läuft man viel, muss sich vielleicht mal durch eine Polizeikette drücken oder Pfefferspray ausweichen, aber irgendwann sitzt man am Zielort und ist glücklich.
Lesen Sie auch: Gemeinmachen. Wie sollen Journalisten über die Klimakrise berichten?
In diesem Jahr ist das alles ein bisschen komplizierter. Corona sei Dank. Statt eines großen Camps gibt es mehrere kleinere Anlaufstellen rund um das Rheinische Revier. Am Donnerstagmittag musste »Ende Gelände« schon einen Anreisestopp verkünden. Platz für 3200 Leute gab es und die waren auch schon gekommen. Am Abend dann die frohe Botschaft, noch eine Anlaufstelle für etwa 500 Menschen konnte errichtet werden. Gleichzeitig gab es am Abend in Aachen auch den ersten Ärger mit Polizei und Gesundheitsamt. Zur Verfolgung von möglichen Corona-Kontakten hatte sich »Ende Gelände« eigentlich ein anonymisiertes Kontaktverfolgungssystem ausgedacht. Das wollte das Gesundheitsamt nicht akzeptieren. Es kam zum Rechtsstreit, die Klimaaktivsten wurden dazu verdonnert, Namen und Adressen der Campteilnehmer aufzunehmen. Die Idee, diese Daten bei einem Anwalt zu hinterlegen, wurde abgelehnt. 50 Mannschaftswagen der Polizei zogen am Donnerstagabend in Aachen auf. Ihre Ansage: Freitagmorgen können die Behörden hier Listen einsehen oder das Camp wird geräumt. Freitagmorgen wurde die Adresssammlung auf dem Camp dann überprüft und akzeptiert. Diskussionen gab es nur noch darum, ob sie auf Papier oder auf einem verschlüsselten Computer geführt werden dürfen. Für Ronja Weil, Pressesprecherin von »Ende Gelände« das »übliche repressive Verhalten im Vorfeld von Aktionen«. Genauso bewertet sie auch, dass es Fridays for Future untersagt wurde, am Samstag am Rand des Tagebaus Garzweiler zu demonstrieren.
Trotzdem ist Ronja Weil selbstbewusst und kündigt an, dass »Ende Gelände« am Wochenende massenhaft blockieren wird. Das sei auch in Corona-Zeiten notwendig. Das im Frühjahr beschlossene Kohleausstiegsgesetz sei »heuchlerisch« und der Klimawandel mache keine Pause. Erstmals nimmt »Ende Gelände« in diesem Jahr auch Gasinfrastruktur ins Visier. Gas sei eben keine umweltfreundliche »Brückentechnologie«, wie es oft propagiert werde, erklärt Weil. Das austretende Methan sei sehr gefährlich, könne den Weg zu Kipppunkten beschleunigen. »Sauberes Gas ist eine dreckige Lüge!«, so die Sprecherin. Die europaweit geplanten und auf 40 bis 60 Jahre ausgelegten Gasprojekte blockierten außerdem den Ausbau erneuerbarer Energien.
Wer sich jetzt noch entschließe und zu »Ende Gelände« kommen wolle, solle sich vorher das Hygienekonzept durchlesen, Masken mitbringen und sich in das Corona-Nachverfolgungssystem eintragen, erklärt Ronja Weil. Der Dannenröder Wald, der ab Samstag geräumt werden kann, sei aber auch ein guter Ort, um gegen den Klimawandel zu protestieren.
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.