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Bunte Berliner Behörden

Neues Programm soll für mehr Vielfalt in der Verwaltung der Hauptstadt sorgen.

  • Hülya Gürler
  • Lesedauer: 4 Min.

Die Berliner Verwaltung gilt als nicht so sexy wie die Stadt. Ganz im Gegenteil: Sie wird als bräsig und reformbedürftig beschrieben. Mit dem im vergangenen Jahr vom Senat beschlossenen »Zukunftspakt Verwaltung« soll sich das bekanntlich ändern. Weniger bekannt ist hingegen der jüngste Senatsbeschluss für die Behörden: das Landesprogramm Diversity (Vielfalt).Das Anfang September verabschiedete Programm sieht 37 Maßnahmen vor, die die Ämter fitter machen sollen für die Vielfalt der Stadtgesellschaft.

Diese Vielfalt soll sich auch im Personalbestand widerspiegeln. Außerdem sollen sich die Menschen angesprochen fühlen, die Dienste der Verwaltung in Anspruch nehmen. Dafür brauchen Führungskräfte und Angestellte Kompetenzen, wie man sie aus dem Diversity-Management in Unternehmen kennt: die Fähigkeit, mit Menschen unterschiedlicher Herkunft, sexueller und geschlechtlicher Identität wertschätzend umgehen zu können, ungeachtet einer Behinderung, des Alters, der Religion, der Weltanschauung, des sozialen Status oder des Familienstandes.

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30 Maßnahmen konzentrieren sich auf das Personalmanagement - von der Einstellung bis zur Ausbildung. Die verbleibenden sieben widmen sich dem vielfaltsgerechten Umgang mit Sprache und Bildern. Ein Leitfaden dient dabei der Orientierung. So sollen Behörden und Ämter beispielsweise Begriffe wie »Schutzberechtigte« statt »Asylbewerber« und »Muslima« statt »Kopftuchträgerin« verwenden. »Menschen mit geistiger Behinderung« soll es nicht mehr geben. Stattdessen soll von »Menschen mit Lernschwierigkeiten« die Rede sein.

Auch beim Gendern, also bei der geschlechtergerechten Sprache, und der Auswahl von Bildern für Broschüren oder Plakate wird im Leitfaden ein bewussteres Vorgehen angeregt. »Dass bei der Rekrutierung des Personals nur weiße blonde Männer mittleren Alters abgebildet werden, genügt der zunehmenden Vielfalt der Stadt nicht«, so Justizsenator Dirk Behrendt (Grüne). Damit das in Zukunft anders ist, sollen die Bezirks- und Senatsverwaltungen Diversity-Ansprechpersonen einstellen. Innerhalb von drei Jahren sollen die Maßnahmen dann umgesetzt werden.

Wirklich neu ist das alles nicht. »Berlin setzt schon seit vielen Jahren Diversity-Maßnahmen um«, sagte Eren Ünsal, Leiterin der Landesstelle für Gleichstellung - gegen Diskriminierung. Etwa die Abteilung Frauen und Gleichstellung bei der Senatsverwaltung für Gesundheit oder der Fachbereich für die Belange von Lesben, Schwulen, Bisexuellen, trans- und intergeschlechtlichen Menschen in Behrendts Senatsjustizverwaltung. Das Projekt »Vielfalt in der Verwaltung«, das zwischen 2013 und 2015 lief, ist eine Art kleiner Vorgänger für das Diversity-Landesprogramm. Neben dem im Juni in Kraft getretenen Landesantidiskriminierungsgesetz, das Diskriminierung in Behörden verbietet, sollen mit den positiven Maßnahmen strukturelle Benachteiligungen von marginalisierten Menschen ausgeglichen werden.

Dabei geht es nicht nur um die Erfüllung des gesetzlichen Gleichstellungsauftrags. Die Maßnahmen haben auch ökonomische Gründe: Bis 2024 werden 28,5 Prozent der Beschäftigten altersbedingt aus dem Dienst ausscheiden. Diese Stellen müssen neu besetzt werden. Der demografische Wandel zwingt die Verwaltung, sich den Nachwuchs auch unter bisher marginalisierten Gruppen wie zum Beispiel Menschen mit Einwanderungsgeschichte zu erschließen. Immerhin liegt der Migrationsanteil in Berlin mittlerweile bei 35 Prozent.

Leicht wird die Umsetzung des Programms nicht. Dominik Peter vom Behindertenverband Berlin ist skeptisch. »Auf dem Papier sieht alles immer gut aus. Die Realität hingegen ist ganz anders«, ist Peter überzeugt. »Die Verwaltung sieht behinderte Menschen immer nur mit Handicap. Dabei bringen wir ganz andere Vorzüge mit.« Als Beispiel nennt er etwa Personen mit autistischen Zügen, die exzellent Rechnungen schreiben können. »Personalverantwortliche müssen in dieser Hinsicht komplett umdenken«, meint Peter. Führungskräfte in der Verwaltung müssten sich in Zukunft Fragen stellen, wie: »Sind wir bereit, jemanden mit einem Gebärdendolmetscher oder einer Assistenz auszustatten, wenn die Person für uns arbeiten will?«

Die Bedürfnisse der Angestellten sind dabei so vielfältig wie die Menschen selbst. »Wir haben bei uns einen geschützten Zirkel für Menschen mit Migrationsgeschichte initiiert, um über eventuelle Diskriminierung und andere Erfahrungen sprechen zu können«, sagt Ayten Dogan, Referentin in der Integrationsverwaltung.

Idealerweise betonen Diversity-Ansätze die Stärken von Individuen und meiden Stereotype. »Natürlich spielen Vorurteile in Auswahlverfahren eine Rolle«, glaubt Ursula Neuhof, Leiterin des Projekts »Mehr Vielfalt in der Berliner Justiz« im Verein BQN Berlin. Häufig sehen Personalverantwortliche Diversity als Ballast an statt als Bereicherung, beobachtet Neuhof. Dabei ist von Unternehmen, die die Vielfalt in ihrer Belegschaft befördern und wertschätzen, bekannt, dass sie erfolgreicher sind. Das ließe sich wohl auch auf die Verwaltung übertragen.

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