Dauerstau vor der Datenautobahn
Bündnis «Corona-Bildungspakt» kritisiert schleppende Digitalisierung der Berliner Schulen
Berlins Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD) verweist gern auf die enormen Summen, die den Schulen der Hauptstadt für den Aus- und vielfach vor allen Dingen Aufbau ihrer digitalen Infrastruktur zur Verfügung stünden. 257 Millionen Euro könne Berlin im Rahmen des im vergangenen Jahr aufgelegten «Digitalpakts Schule» bis 2024 hierfür ausgeben, heißt es immer wieder stolz.
Das klingt natürlich hervorragend. Nur: Bei den meisten Schulen kommt bisher nichts davon an, sagt Miriam Pech von der Berliner Vereinigung der Leiterinnen und Leiter der Integrierten Sekundarschulen. Die von ihr geleitete Heinz-Brandt-Schule in Weißensee etwa habe bereits vor einem Jahr ihr Medienkonzept eingereicht, ohne dass sich seither etwas bewegt habe. «Wir stehen in den Startlöchern und wollen das Geld ausgeben. Aber es herrscht Stillstand», so Pech.
Pechs Interessenvereinigung ist Teil des Bündnisses «Corona-Bildungspakt», eines Zusammenschlusses von Beschäftigten, Eltern, Schülern, Schulleitungen und Vertretern der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), das dem als mangelhaft bewerteten Corona-Krisenmanagement von Senatorin Scheeres Paroli bieten will - so auch in Sachen Digitalisierung.
In der Senatsbildungsverwaltung möchte man die Kritik naturgemäß nicht auf sich sitzen lassen. «Keine Frage, es gibt hier viel zu tun», sagt Scheeres’ Sprecher Martin Klesmann zu «nd». Zugleich müsse man aber auch die Fortschritte zur Kenntnis nehmen. So hätten die zentral verwalteten und die beruflichen Schulen schon 70 Prozent der Finanzmittel bewilligt bekommen. «Das Geld kommt also bei den Schulen an.»
«Das ist für die zentral verwalteten und die beruflichen Schulen ja sehr erfreulich», erwidert Berlins GEW-Chef Tom Erdmann. Allerdings machen diese Schulen, für die die Bildungsverwaltung selbst zuständig ist, nur einen kleinen Teil der rund 700 öffentlichen Schulen aus. Bei gut 90 Prozent aller anderen Schulen sind aber die Bezirk als Schulträger dazwischengeschaltet. Und genau hier versagt oft die Kommunikation, so Erdmann.
Das Problem beim Anschluss dieser Schulen und damit auch beim fröhlichen Geldausgeben: Das Land kümmert sich um die Aufgaben im öffentlichen Straßenland, die Bezirke um die Schulgebäude. «Der Bezirk sagt dann etwa, der Senat muss erst einmal das Breitband legen, bevor wir was machen», berichtet Erdmann. Ihm gehe es gar nicht um pauschales «Bezirksbashing», sondern vielmehr um den Umstand, dass sich Bezirke und Senat gegenseitig die Verantwortlichkeiten für den Digitalisierungsstau hin- und herschieben würden. «Dieses Pingpong ist so ermüdend und bringt uns kein My weiter.»
Um diesen Knoten zu durchschlagen, sollten Entscheidungen rund um die Digitalisierung der Schulen bei einer zentralen Stelle im Senat gebündelt werden, meint daher das Bündnis «Corona-Bildungspakt». Eine Forderung, bei der man in der Bildungsverwaltung jedoch sofort abwinkt. «Strukturveränderungen innerhalb eines bereits laufenden komplexen Prozesses wären sehr schwierig», sagt Martin Klesmann. Überhaupt hält er den Vorwurf des Behörden-Pingpong für ungerechtfertigt. «Bei der Umsetzung des Digitalpakts arbeiten Bezirke und Senatsverwaltung Hand in Hand.» Doch Eile mit Weile: Erst 2024 werden voraussichtlich alle Schulen ans Breitbandnetz angeschlossen sein.
Für den Moment wären ja schon Pop-up-Lösungen« hilfreich, »zum Beispiel über Mobilfunkrouter oder mobilfunkfähige Tablets und Laptops«, sagt Landeselternsprecher Norman Heise. Denn klar sei: »Die Schulen können nicht Jahre warten, bis an allen Schulen Glasfaserkabel verlegt sind.«
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