Raubbau am Amazonas
Brüssel. Das EU-Parlament hat sich gegen eine rasche Ratifizierung des Mercosur-Freihandelsabkommen ausgesprochen. Der fertig ausgehandelte Text könne »in seiner jetzigen Form nicht ratifiziert werden«, heißt es in einem am Mittwoch in Brüssel verabschiedeten Bericht. Das Parlament sei »zutiefst besorgt über die Umweltpolitik (des brasilianischen Präsidenten) Jair Bolsonaro«.
Die EU und die Mercosur-Staaten Brasilien, Argentinien, Uruguay und Paraguay hatten sich vergangenen Sommer nach 20 Jahren Verhandlungen auf ein umfassendes Assoziierungsabkommen zur Bildung der größten Freihandelszone der Welt verständigt. Vor allem wegen der großflächigen Abholzungen und dramatischen Waldbrände im Amazonasgebiet wird die Kritik daran aber immer lauter. Europäische Landwirte befürchten darüber hinaus unfaire Konkurrenz durch südamerikanische Agrarkonzerne.
Im Agrar- und Lebensmittelaußenhandel mit den Mercosur-Ländern von 2018 standen 2,3 Milliarden Euro an EU-Exporten 18,2 Milliarden Euro an Importen gegenüber. EU-Hauptimportprodukte sind Soja-Produkte, Futtermittel, Kaffee, Fruchtsäfte und Rindfleisch. 94 Prozent des Sojaschrots und mehr als die Hälfte der Sojabohnen, die die EU auf dem Weltmarkt einkauft, und die dann in den Futtertrögen der europäischen Tierfabriken landen, stammen aus dem Mercosur. Die dafür notwendigen Agrarflächen werden auch durch Abholzung und Brandrodung gewonnen. Darüber hinaus werden Tropenhölzer auch für den Export geschlagen.
Die Bundesregierung hatte den Abschluss des Abkommens jahrelang energisch vorangetrieben. In den vergangenen Wochen hatten sich jedoch auch Freihandelsapologeten wie Bayerns Ministerpräsident Markus Söder, die Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner und die Bundeskanzlerin Angela Merkel erstmals skeptisch in Bezug auf das Freihandelsabkommen geäußert, das sie vor Jahresfrist noch gefeiert hatten. Merkel äußerte Zweifel an der Umsetzung angesichts der Brandrodungen und Abholzung im Amazonas-Gebiet. Bei der Automobilindustrie und im Maschinen und Anlagenbau stieß sie auf wenig Verständnis. Die wollen an dem vor einem Jahr oft vereinfacht als »Autos gegen Kühe« bezeichneten Deal festhalten. Die EU will das sicher im Grundsatz auch, sonst hätte man nicht 20 Jahre verhandelt. 2019 nutzte man die Gunst der Stunde, waren doch sowohl in Brasilien mit dem ultrarechten Jair Bolsonaro und in Argentinien mit dem neoliberalen Mauricio Macri dem Abkommen gegenüber aufgeschlossene Präsidenten am Ruder. Argentiniens neuer linker Präsident Alberto Fernández hat bereits lange vor dem EU-Parlament verkündet, dass er das Abkommen so nicht ratifizieren werde. nd Kommentar Seite 8
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