• Kultur
  • Beilage zur Buchmesse Frankfurt Main

Politik in erster Person

Ein Autor*innenkollektiv hat die Geschichte der Autonomen fortgeschrieben

  • Peter Nowak
  • Lesedauer: 2 Min.

In konservativen Medien müssen die Autonomen immer wieder als Popanz herhalten, wenn man nachzuweisen versucht, dass es auch militante Linke gibt. Doch konnte man je von einer autonomen Bewegung sprechen? Und gibt es sie noch heute? Das sind Fragen, über die sich auch der Teil der außerparlamentarischen Linken trefflich streitet, der der autonomen Szene zugerechnet wird.

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A. G. Grauwacke: Autonome in Bewegung. Assoziation A, 496 S., geb., 26 €.

2003 veröffentlichten fünf Protagonisten der autonomen Bewegung unter dem Pseudonym A. G. Grauwacke eine Art Geschichtsbuch. In diesem beschrieben sie ihre politische Sozialisation in der Hausbesetzer*innenszene, im Kampf gegen Atomkraftwerke oder die Startbahn West bei Frankfurt am Main. Begleitend dazu waren Diskussionspapiere und politische Statements der einzelnen Kampagnen dokumentiert worden. Dies machte die Publikation zu einem einzigartigen Nachschlagewerk, sind doch derartige Zeugnisse nur in wenigen Archiven einstiger autonomer Hochburgen wie Berlin, Hamburg oder Göttingen öffentlich einsehbar.

Die fünf Herausgeber erklärten eingangs, sie würden den akademischen Abhandlungen über die autonome Bewegung keine weitere theoretische Betrachtung hinzufügen wollen, sondern vielmehr eine subjektive Sicht - entsprechend dem Motto der Autonomen, Politik in der ersten Person zu propagieren. Diesen Anspruch teilten sie mit der Sponti-Bewegung, die in vielen westdeutschen Städten in den 70er Jahren aufblühte und zum Schwungrad für die Grünen wie auch die Autonomen wurde. Auch wenn es zwischen jenen große Unterschiede im Politikstil gab, stimmten sie in wesentlichen politischen Essentials überein. Dazu gehörten die Distanz zur Arbeiter*innenbewegung und das Interesse für Identitätspolitik. Nicht von ungefähr hagelte es 2003 Kritik, dass zu den Herausgebern keine einzige Frau gehörte.

Jetzt hat eine neue Generation von linken Aktivist*innen, die Geschichte der Autonomen fortgeschrieben. Am subjektiven Blick wird festgehalten. »Wir, als neue Redaktion, haben andere Aktive gefragt, ob sie etwas beisteuern mögen zur jüngeren Autonomen-Geschichtsschreibung«, liest man im Vorwort. Die Autor*innen formulieren den Anspruch, nicht nur Ereignisse aufzuzählen, sondern möglichst auch wertvolle Anregungen und Ansätze für weitere Diskussionen zu vermitteln. Als dominante Politikfelder der autonomen Linken in den vergangenen zwei Jahrzehnten werden Klimaaktivismus, die Vorbereitung von Protesten gegen Gipfeltreffen, der Kampf gegen Rechtsradikalismus und Rassismus und die Einrichtung von Refugees-Camps wie etwa 2012 auf dem Berliner Oranienplatz benannt.

Das Buch endet mit einem kritischen Blick auf die nihilistische Strömung, wie sie sich vor allem in Griechenland und Italien im Umfeld der außerparlamentarischen Linken entwickelte.

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