Vor Gericht wegen Trump

Streit um ein Zementwerk auf Kuba führt zu US-Klage gegen LafargeHolcim

  • Andreas Knobloch, Havanna
  • Lesedauer: 4 Min.

Der Schweizer Baustoffkonzern LafargeHolcim kriegt die Härte zu spüren, mit der US-Präsident Donald Trump das Embargo gegen Kuba umsetzt. Ein Gericht in Florida hat eine Klage gegen das Unternehmen nach dem Libertad Act, dem sogenannten Helms-Burton-Gesetz, für zulässig erklärt. LafargeHolcim soll über ein Netz von Briefkastenfirmen seit dem Jahr 2000 in Partnerschaft mit der kubanischen Regierung das Zementwerk Carlos Marx bei Cienfuegos betreiben.

Die Kläger sind zwei Dutzend Privatpersonen und Erben verstorbener Personen. Sie besitzen, so die Richter, »zu 100 Prozent die von der Foreign Claims Settlement Commission (FCSC) zertifizierten Ansprüche«. Die dem US-Justizministerium unterstellte FCSC hat knapp 6000 Forderungen US-amerikanischer Bürger und Unternehmen gegenüber Kuba gesammelt. Mit den angelaufenen Zinsen summieren sich die Ansprüche auf heute insgesamt mehr als sieben Milliarden US-Dollar. Havanna stellt dem Milliardenschäden durch die Blockade gegenüber.

Bei der Klage gegen LafargeHolcim geht es um Entschädigung für das Soledad-Grundstück bei Cienfuegos, das nach der Revolution beschlagnahmt wurde und auf dem sich heute das Zementwerk befindet. Ermöglicht wird sie durch das Helms-Burton-Gesetz, eine 1996 vom US-Kongress erlassene Verschärfung der Blockade gegen Kuba. Die Klauseln III und IV waren bisher von allen US-Präsidenten in Sechs-Monats-Schritten suspendiert worden.Trump hatte sie Anfang 2019 als erster aktiviert und ebnete somit den Weg für Schadensersatzklagen vor US-Gerichten gegen Unternehmen, die nach der Revolution verstaatlichten Besitz nutzen. Bisher wurden 28 Klagen gegen verschiedene kubanische und europäische Firmen, vor allem aber gegen US-Firmen eingereicht. Einige Klagen wurden bereits abgewiesen.

Die Klage gegen LafargeHolcim jedoch hat gute Aussichten auf Erfolg. Schwer wiegt, dass die Richter dem Konzern Vorsatz unterstellen. Sie argumentieren, dass LafargeHolcim im Jahr 2000 vor der Investition auf Kuba Rechtsberatung bei einer US-Kanzlei über Auswirkungen von Helms-Burton gesucht habe und von dieser auf bestehende Ansprüche hingewiesen wurde. Auch sei dem Konzern geraten worden, keine Briefkastenfirmen zur Verschleierung der Investition einzusetzen. Entgegen dem Rat der US-Anwaltskanzlei hätte LafargeHolcim »wissentlich und absichtlich« ein »komplexes Netz von Briefkastenfirmen und Transaktionen« in den Niederlanden und Spanien genutzt, um die Partnerschaft mit dem kubanischen Staat zu verschleiern, so die Richter.

»LafargeHolcim ist bekannt, dass beim Bundesgericht in Florida eine Klage gegen den Helms-Burton-Act eingereicht wurde«, heißt es knapp seitens des Schweizer Konzerns. Man sei der Ansicht, »dass diese Klage unbegründet ist und wird sich vor Gericht energisch verteidigen. Aufgrund des laufenden Verfahrens werden wir keine weitere Stellungnahme abgeben.«

Die Zementfabrik Carlos Marx war 1980 eingeweiht worden. Im Juni 2001 wurde das Joint Venture Empresa Mixta Cementos Cienfuegos gegründet, das seitdem das Werk betreibt. Anteilseigner sind zu gleichen Teilen die dem kubanischen Bauministerium unterstellte Unternehmensgruppe GECEM sowie Las Pailas de Cemento mit Sitz in Madrid. Dahinter soll sich über ein Konstrukt aus mehreren Tarnfirmen LafargeHolcim verstecken.

Bereits vor drei Jahren war der Konzern schon einmal in den Schlagzeilen. Damals musste LafargeHolcim Schutzgeldzahlungen im syrischen Bürgerkrieg einräumen. Französische Ermittler warfen dem Konzern »Finanzierung von terroristischen Vorhaben« vor. Die Unternehmensgruppe soll untere anderem die Terrormiliz IS in den Jahren 2013 und 2014 bezahlt haben, damit ein Werk im Norden Syriens in Betrieb bleiben konnte. Lafarge wurde zudem vorgeworfen, dem IS in Syrien Öl abgekauft und damit gegen das Ölembargo der EU verstoßen zu haben.

Mit dem Engagement auf Kuba hat Lafarge Holcim jedoch weder gegen eidgenössisches noch europäisches Recht verstoßen. Das Problem ist die extraterritoriale Anwendung der US-Blockadegesetzgebung, die von den Europäern als Verstoß gegen internationales Recht wiederholt abgelehnt wurde. In dem Verfahren um das Soledad-Grundstück befindet sich LafargeHolcim somit in der Defensive. Die Kläger sind »berechtigt, den aktuellen Marktwert der Immobilie, der auf 270 Millionen US-Dollar geschätzt wird, zuzüglich Anwaltskosten, Zinsen und anderer Kosten zurückzufordern«, entschieden die Richter.

Für LafargeHolcim könnte es also teuer werden, da das Unternehmen umfangreiche Geschäftsaktivitäten in den USA hat, und dort - im Gegensatz zu vielen anderen Unternehmen, die nach Helms-Burton verklagt werden - Vermögenswerte in beträchtlichem Umfang besitzt, auf die die US-Behörden bei einer Verurteilung zugreifen könnten.

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