Kein Anspruch auf »Vergemeinschaftung«

Urteile zum Wohneigentum

  • Lesedauer: 3 Min.

Für diese Fälle gibt es im Wohnungseigentumsrecht die Möglichkeit, einen Anspruch des einzelnen Eigentümers zu »vergemeinschaften«. Dann wird ein individueller Anspruch eines einzelnen Eigentümers durch einen Beschluss zur Sache der ganzen Wohnungseigentümergemeinschaft. Dies hat für den Einzelnen viele Vorteile: Es ist nunmehr eine Angelegenheit, um die sich der Verwalter zu kümmern hat.

Auch bei einem eventuellen Rechtstreit genießt der Einzelnen nunmehr den Schutz der Gruppe, denn die Kosten sind auf mehrere Schultern zu verteilen. Es ist also nicht zu verdenken, dass der eine oder andere Eigentümer es sogar wünscht, dass seine Ansprüche vergemeinschaftet werden.

Aber kann er dies auch gegen die Mehrheit verlangen? Kurz gesagt: Kann er die anderen Eigentümer zwingen, sich um seine Angelegenheiten zu kümmern? Nein, urteilte das Landgericht Nürnberg-Fürth (Az. 14 S 772/18 WEG), worauf die AG Mietrecht und Immobilien im Deutschen Anwaltverein (DAV) verweist.

In dem Fall rügte der Eigentümer im Wesentlichen Beeinträchtigungen durch Schall- und Erschütterungsstörungen aufgrund von Umbaumaßnahmen anderer Eigentümer. Es war daher ein Beschlussantrag gestellt worden, die Beseitigungs- und Unterlassungsansprüche gemeinschaftlich geltend zu machen. Hierfür fand sich keine Mehrheit, der Beschluss wurde abgelehnt. Hiergegen erhob wiederum der Einzelne die Anfechtungsklage.

Dies blieb jedoch ohne Erfolg. Die Richter waren der Auffassung, dass der ablehnende Beschluss durchaus ordnungsgemäßer Verwaltung entspricht. Es gibt somit keinen Anspruch des Einzelnen, die Übrigen gegen ihre Willen zu verpflichten. Dies wäre nur dann der Fall, wenn es einzig und allein ordnungsgemäßer Verwaltung entsprechen würde, den Beschluss zu fassen und es keine denkbare Alternative zum Vorgehen gibt.

Angenommen wird eine solche Situation, wenn Gemeinschaftseigentum Instand gesetzt werden muss, um weiteren Schaden zu vermeiden. Eine solche Situation lag hier aber nicht vor. Denn letztlich kann der Eigentümer seine Rechte auch immer noch selbst wahrnehmen, wenn die Eigentümerversammlung die Ausübung ablehnt. Ihm werden keine Rechte verwehrt. Ihm werden nur die zuvor genannten Vorteile verwehrt. Auf solche Privilegien besteht aber kein Rechtsanspruch. DAV/nd

Miteigentümer darf ins Grundbuch einsehen

Der Erwerb von Eigentum zieht eine Reihe von Konsequenzen nach sich. Es empfiehlt sich daher immer, alle möglichen Unterlagen einzusehen, seien es Jahresabrechnungen, Wirtschaftspläne, Beschlusssammlungen und ähnliches. Was aber gilt in Zeiten des Datenschutzes? Kann jeder jede Information bekommen?

Mit diesen Fragen beschäftigte sich das Oberlandesgericht Bremen im Urteil vom 7. Februar 2020 (Az. 3 W 1/20), auf die die AG Mietrecht und Immobilien vom Deutschen Anwaltsverein(DAV) verweist.

In der Entscheidung hatte eine Eigentümerin einen Grundbuchauszug über das Eigentum eines Miteigentümers verlangt, was ihr zunächst verwehrt wurde. Zuvor war ein Vertrag über die Aufhebung der Wohnungseigentümergemeinschaft geschlossen worden. Nach Abschluss dieses Vertrages hatte der Miteigentümer eine Belastung, mutmaßlich eine Bauhandwerkersicherungshypothek eintragen lassen, wodurch der Vertrag zur Auseinandersetzung der Gemeinschaft nicht umgesetzt werden konnte.

Die Eigentümerin beantragt nunmehr die Einsicht in das Wohnungsgrundbuch ihres Miteigentümers. Zu Recht, wie das Gericht befand. Denn die Antragstellerin ist hier auf besondere Weise über die Gemeinschaft hinaus mit dem anderen Eigentümer verbunden. Es existiert auch noch der Aufhebungsvertrag. Aber auch darüber hinaus sah das Gericht hier ein besonderes Interesse als gegeben an. Es bestehe ein sowohl ein wirtschaftliches als auch ein rechtliches Interesse daran zu erfahren, aufgrund welcher Belastung der Vertrag nicht umgesetzt werden kann.

Sofern also ein ausreichendes Interesse nachgewiesen werden kann, besteht auch das Recht zur Einsicht in das Grundbuch eines anderen Wohnungseigentümers. Dies muss dann nach dem jeweiligen Einzelfall geprüft werden. DAV/nd

- Anzeige -

Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.

Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.

Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.

Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.

- Anzeige -
- Anzeige -