Werbung

+++ Politiker mehrerer Parteien haben eine Aufrüstung der Corona-Warn-App gefordert +++

Der Newsblog zur Coronakrise - Dienstag, 20. Oktober 2020: +++ Söder: Corona-Warn-App »bisher ein zahnloser Tiger« +++ RKI: 6868 neue Corona-Infektionen binnen 24 Stunden +++

  • Lesedauer: 6 Min.

Berlin. Die Gesundheitsämter in Deutschland haben nach Angaben des Robert Koch-Instituts vom Dienstagmorgen 6868 neue Corona-Infektionen binnen 24 Stunden gemeldet. Der Wert liegt damit deutlich über den 4122 gemeldeten Fällen vom Dienstag vergangener Woche. Die Zahl der Neuinfektionen hatte am Samstag mit 7830 zum dritten Mal in Folge einen Höchstwert seit Beginn der Corona-Pandemie in Deutschland erreicht. Die jetzigen Werte sind allerdings nur bedingt mit denen aus dem Frühjahr vergleichbar, weil mittlerweile wesentlich mehr getestet wird - und damit auch mehr Infektionen entdeckt werden.

Experten zufolge sind die neu gemeldeten Infektionen wegen der Zeit zwischen Ansteckung, Test, Ergebnis und Meldung ein Hinweis darauf, wie stark das Virus vor etwa einer Woche in der Gesellschaft unterwegs war. Deshalb dauere es auch, bis sich politische Maßnahmen in den Meldezahlen niederschlagen könnten.

Seit Beginn der Coronakrise haben sich nach RKI-Angaben mindestens 373 167 Menschen in Deutschland nachweislich mit dem Virus Sars-CoV-2 infiziert (Stand: 20.10., 0.00 Uhr). Die Zahl der Todesfälle im Zusammenhang mit einer Corona-Infektion lag demnach bei 9836. Das waren 47 mehr als am Vortag. Nach Schätzungen des RKI gibt es etwa 298 300 Genesene.

+++ Politiker mehrerer Parteien für Aufrüstung der Corona-App +++

Die Eindämmung des Coronavirus - und der erneute Herbst-Anstieg

Politiker mehrerer Parteien haben angesichts steigender Corona-Infektionszahlen eine Aufrüstung der Corona-Warn-App mit zusätzlichen Funktionen gefordert. Es sei nicht akzeptabel, dass nur 60 Prozent der positiv getesteten Nutzer ihren Befund der App melden, sagte SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (Dienstagsausgabe). Bislang müssen Nutzer mit einem positiven Befund aktiv zustimmen, damit ihre Risikokontakte über die App informiert werden.

Nach aktuellen Regierungsangaben ist die Corona-Warn-App inzwischen 19,6 Millionen Mal heruntergeladen worden. In 1,8 Millionen Fällen sind Testergebnisse über die App übermittelt worden. Derzeit werden rund 500 Infektionen pro Tag von Nutzern in der App gemeldet und mögliche Kontaktpersonen informiert. Die Nutzung der Corona-Warn-App ist ebenso freiwillig wie die Information über einen positiven Befund.

Die parlamentarische Geschäftsführerin der FDP-Fraktion, Bettina Stark-Watzinger sagte dem Redaktionsnetzwerk: »Sobald das Gesundheitsamt mit einem Betroffenen in Kontakt ist, sollte es dabei helfen, wenn die Eintragung zum Beispiel an technischen Fragen scheitert.« Dass die App dem User zusätzliche Informationen wie den Kontaktzeitpunkt meldet, hält sie unter Beachtung des Datenschutzes für sinnvoll, um eine eigene Gefahrenabschätzung vorzunehmen.

Anke Domscheit-Berg, netzpolitische Sprecherin der Linksfraktion, sagte dem Redaktionsnetzwerk hingegen: »Eine genaue Angabe von Ort und Zeitpunkt des Risikokontaktes halte ich für nicht vereinbar mit den hohen Ansprüchen an den Datenschutz.« Dieser sei aber einer der Gründe, warum die App in Deutschland im Vergleich zum Ausland überdurchschnittlich häufig genutzt werde.

Karin Maag (CDU), gesundheitspolitische Sprecherin der Unionsfraktion, betonte dem Bericht zufolge: »Wir müssen deutlich machen, was für ein zentraler Baustein die Warn-App ist, um die Pandemie einzudämmen und sich und andere Menschen vor einer Infektion zu schützen.« Bei der Entwicklung sei sichergestellt worden, dass sie hohen Datenschutz-Anforderungen entspreche.

Grundsätzlich ablehnend äußerte sich AfD. »Die Corona-Warn-App ist nichts weiter als ein teuer Flop«, sagte deren digitalpolitische Sprecherin Joana Cotar dem Redaktionsnetzwerk. Nach Problemen wie ausbleibenden Warnungen habe sie keinen Einfluss auf die Eindämmung des Infektionsgeschehen.

Der bayerische Ministerpräsident Markus Söder (CSU) sprach sich in den Zeitungen der Funke Mediengruppe vom Dienstag für eine Stärkung der Corona-App aus. »Die App ist leider bisher ein zahnloser Tiger. Sie hat kaum eine warnende Wirkung«, sagte der CSU-Chef. Es brauche ein Update, um alle Möglichkeiten auszuschöpfen.

+++ Spahn verteidigt Pläne für verlängerte Sonderbefugnisse in Pandemiefällen +++

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hat seine Pläne zur Verlängerung eigener infektionsschutzrechtlicher Sonderbefugnisse in Pandemiefällen verteidigt. Die Existenz entsprechender Regelungen entspringe »nicht Willkür oder Zufall«, sagte er am Dienstag im ZDF-»Morgenmagazin«. Sonderbefugnisse des Bundesgesundheitsministers bei der Pandemiebekämpfung hätten vielmehr »gesetzliche Grundlagen« und würden vom Bundestag regelmäßig diskutiert. Das werde auch weiterhin so sein, ergänzte Spahn.

Das Bundesgesundheitsministerium strebt im Eilverfahren eine Neufassung des Infektionsschutzgesetzes an, wodurch spezielle Befugnisse des Bundesgesundheitsministers zur Seuchenbekämpfung über den 31. März 2021 hinaus verlängert sowie erweitert werden sollen. Die Sonderrechte zum Erlass von Verordnungen sind bislang befristet und müssen vom Parlament regelmäßig verlängert werden.

Spahn sagte weiter, die Pläne zur Neuordnung des Gesetzes zielten auch auf eine Klärung der Zuständigkeiten rund um die Einreise aus dem Ausland und Einreisebeschränkungen. Es müsse in diesem Punkt »bessere rechtlichen Grundlagen« geben. Der Bund müsse zentral für ganz Deutschland entscheiden. Dies gelte nicht nur für Corona, sondern auch für andere Krankheiten wie etwa Ebola.

Die Pläne Spahns zu erweiterten Sonderbefugnissen hatten zu viel Kritik geführt, auch aus den Reihen des Koalitionspartners SPD. Im ZDF-»Morgenmagazin« betonte der Minister am Dienstag, es gehe ihm nicht um Verhinderung von Parlamentsdebatten. Diese seien wichtig, da es bei den Maßnahmen zur Eindämmung der aktuellen Corona-Pandemie um die »größten Freiheitseinschränkungen« in der Geschichte der Bundesrepublik sowie große »Zumutungen für den Einzelnen« gehe.

Seiner Auffassung nach könne der Bundestag »noch öfter« über den Kampf gegen das Virus beraten, ergänzte Spahn. Auch das »föderale Miteinander« von Bund und Ländern habe sich in der Krise bislang bewährt und sei sogar eine »Stärke Deutschlands«. Ein Blick auf das Nachbarland Frankreich zeige, dass ein Zentralstaat bei der Pandemiebekämpfung »im Moment nicht per se erfolgreicher« sei.

+++ Debatte um Grenzschließung wegen Corona - Bayern schließt nichts aus +++

Im Frühjahr führte Deutschland wegen der beginnenden Corona-Pandemie eilig Grenzkontrollen wieder ein. Chaos an den Grenzübergängen war die Folge. Ob es wegen der zweiten Corona-Welle eine Neuauflage geben könnte, darüber ist man sich selbst in der CSU uneins.

Angesichts der zugespitzten Corona-Lage in Europa hält es Bayerns Innenminister Joachim Herrmann für möglich, dass man wieder über Grenzkontrollen sprechen muss. »Die Diskussion um verstärkte Grenzkontrollen könnte wieder aufflammen, falls das Infektionsgeschehen in den Nachbarländern außer Kontrolle gerät«, sagte der CSU-Politiker den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Dienstag). »Gleichzeitig haben wir die engen wirtschaftlichen Beziehungen mit intensivem Pendelverkehr von Arbeitnehmern, etwa mit Tschechien und Österreich, im Blick.« In Tschechien war die Zahl der Corona-Neuinfektionen zuletzt sprunghaft gestiegen. Auch in Österreich steigt die Zahl der Neuinfektionen wie praktisch überall in Europa.

Im Gegensatz zu Herrmann erteilte der Staatssekretär im Bundesinnenministerium, Stephan Mayer, erneuten Grenzschließungen eine Absage. Auf die Frage, ob wegen der steigenden Corona-Zahlen wieder Grenzschließungen drohen, sagte der CSU-Politiker der »Passauer Neuen Presse« (Dienstag): »Nein. Die Situation Mitte März 2020 war europa- und weltweit geprägt von großer Unsicherheit im Umgang mit dem Virus.« Im Frühjahr habe es noch keine regionalen Anti-Corona-Konzepte gegeben. »Erneute Binnengrenzkontrollen aus Anlass der Pandemie gilt es daher zu vermeiden«, sagte Mayer. Die Bundesregierung beobachte allerdings die Corona-Entwicklung »mit hoher Aufmerksamkeit«.

Zuletzt hatte Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) vor erneuten Grenzschließungen im Zuge der Corona-Pandemie gewarnt. Man habe im Frühjahr dieses Jahres »schlechte Erfahrungen gemacht mit der zu schnellen Schließung von Grenzen«.

Zu Beginn der Corona-Pandemie hatte Deutschland Grenzkontrollen wiedereingeführt - an vielen Grenzen zu den Nachbarländern kam es zu Chaos. Grenzgänger, die im jeweils anderen Land arbeiteten, durften die Grenze zwar passieren - da ein Großteil der Übergänge aber geschlossen war, kam es zu langen Staus und Wartezeiten. Außerdem mussten die Menschen Ausgangsbescheinigungen und Nachweise über den Arbeits- oder Wohnort mit sich führen. Unverheiratete Paare und auch Familien waren über Wochen getrennt. Erst Mitte Juni wurden die Regeln für eine Einreise wieder gelockert. Agenturen/nd

Wir-schenken-uns-nichts
Unsere Weihnachtsaktion bringt nicht nur Lesefreude, sondern auch Wärme und Festlichkeit ins Haus. Zum dreimonatigen Probeabo gibt es ein Paar linke Socken und eine Flasche prickelnden Sekko Soziale – perfekt für eine entspannte Winterzeit. Ein Geschenk, das informiert, wärmt und das Aussteiger-Programm von EXIT-Deutschland unterstützt. Jetzt ein Wir-schenken-uns-nichts-Geschenk bestellen.

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.

- Anzeige -
- Anzeige -