PR-Bürgermeister
Vitali Klitschko will in Kiew als Bürgermeister bestätigt werden
Politisch stand der Ex-Boxweltmeister Vitali Klitschko mehrmals vor einem Knockout. Nach dem Wahlsieg des neuen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj schien es etwa 2019, als seien die Tage des seit 2014 regierenden Kiewer Bürgermeisters im Amt gezählt. Selenskyjs Team wollte den 49-Jährigen nämlich entmachten, um die ukrainische Hauptstadt mit offiziell rund drei Millionen Einwohnern durch eine Vertrauensperson kontrollieren zu lassen. Dazu kam es letztlich nicht. Und so tritt Klitschko bei den Bürgermeisterwahlen am Sonntag wieder als klarer Favorit an. Spätestens in der Stichwahl stünde sein Sieg außer Frage.
Beißen konnte Klitschko schon immer. Zum Bürgermeister Kiews wurde er erst im dritten Versuch, nachdem er zusätzlich noch die Favoritenrolle für die Präsidentschaftswahl während der Maidan-Revolution 2013/2014 verspielt hatte. Während der Proteste auf dem Unabhängigkeitsplatz galt der Ex-Boxer als wichtigster Oppositionsanführer, doch sein fehlendes rhetorisches Talent und ständige Versprecher, die stets zu Memes im Internet wurden, haben jegliche Chancen vernichtet. Der perfekte Redner wird aus Klitschko nie. Doch seitdem lernte er, wie man mit solchen Nachteilen umgeht. Er wartet nicht mehr ab, bis andere Scherze über ihn machen, sondern lacht seine Versprecher selbst aus, trägt selbstironische T-Shirts und nimmt gerne komische Videos auf TikTok auf.
Klitschkos mediale Präsenz überschattet allerdings seine tatsächliche politische Bilanz. Diese ist gerade in Sachen Infrastruktur durchwachsen. Statt dringend notwendiger Verkehrsprojekte wird das Haushaltsgeld in PR- und Tourismusprojekte wie die 2019 eröffnete, fast zwölf Millionen Euro teure Fußgängerbrücke im Zentrum der Stadt gesteckt. Dennoch hat Klitschko bei den Wahlen keine Konkurrenten. Seine Ambitionen reichen weiter: Sein großer Traum ist es, Präsident zu werden.
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.