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Nur Fußballer dürfen spielen

Kleinere Sportarten beklagen Ungleichbehandlung bei coronabedingten Absagen

Nordrhein-Westfalen ist fast komplett rot. Längst nicht mehr auf der politischen Landkarte, aber sehr wohl auf der des Robert-Koch-Instituts. Nur drei der insgesamt 53 Landkreise und kreisfreien Städte melden Infektionszahlen, die noch unter der Marke von 50 neuen Coronafällen pro 100 000 Einwohnern in einer Woche verharren. Auch Bonn und Köln liegen weit über dem Grenzwert, obgleich die frühere deutsche Hauptstadt (94) noch weit weniger Fälle verzeichnet als die Millionenmetropole Köln (177). Letzteres ist wichtig, um die Frustration von Stefan Holz zu verstehen. Er ist Geschäftsführer der Basketball Bundesliga (BBL), die in den vergangenen Wochen die Vorrunde des deutschen Pokals abhalten wollte. Von den geplanten 24 Spielen fielen jedoch sechs aus. Das am kommenden Wochenende geplante Finalturnier in München musste Holz absagen, da beispielsweise Titelverteidiger Alba Berlin wegen mehrerer Coronafälle im Team noch keins seiner drei Vorrundenspiele bestreiten konnte.

Solche Spielabsagen sind im deutschen Sport aber nicht die Regel, musste Holz feststellen. Wegen eines positiven Tests bei einem Bonner Spieler und je einem in Team und Umfeld der Bayreuther Basketballer hatten die Gesundheitsämter jeweils eine komplette Mannschaftsquarantäne angeordnet. Holz hält das für falsch. »Dass gleich ein gesamtes Team weggesperrt wird, ist schwer nachzuvollziehen«, sagte der Ligaboss dem Sportinformationsdienst. Das Hygienekonzept, der Liga sei doch von den Behörden gelobt worden. Nun müsse man das auch auch anwenden. Nach Einschätzung von Fachleuten der Liga seien die restlichen Spieler der Mannschaften nicht infektiös gewesen. Ändert sich das Vorgehen der Gesundheitsämter nicht, bangt Holz um die Bundesligasaison, die am 6. November beginnen soll. »Es wird weiterhin Fälle geben. Wenn dann die Behörden das ganze Team wegsperren, funktioniert es nicht.«

Dass im Fußball zuletzt nur Betroffene isoliert wurden, im Basketball aber ganze Teams, könne er sich »nicht erklären«. Und genau hier kommt Köln ins Spiel. Unter den Fußballern des Bundesligisten 1. FC Köln waren bereits sechs positive auf Corona Getestete. Hier jedoch, wie auch in München, Würzburg oder Hoffenheim wurden jeweils nur die betroffenen Spieler isoliert, nicht die ganzen Mannschaften.

Genießt der Profifußball wieder einmal eine Sonderrolle? Lediglich das Gesundheitsamt in Dresden hatte kurz vor dem Ende der vergangenen Saison einmal das komplette Dynamo-Team in Quarantäne geschickt. Der Aufschrei war groß, der Klub drohte mit einer Klage wegen Wettbewerbsverzerrung und stieg dann doch aus der zweiten Liga ab. Seither wurden in den obersten drei Ligen nur fünf von 160 Spielen der neuen Saison abgesagt, obwohl fast täglich neue Fälle auch in der 1. Bundesliga gemeldet werden, in der bislang noch jedes Spiel ausgetragen wurde.

Dagegen rollt die Absagewelle durch die Bundesligen im Ringen, Tischtennis, Hockey, Volleyball und Handball - und das nur am vergangenen Wochenende. Der Fußball ist auch betroffen, aber fast ausschließlich in unteren Amateurligen und bei den Frauen, also dort, wo es nicht so teuer ist, ein Spiel abzusagen, weil dort kaum Einnahmen aus TV-Übertragungen verloren gehen können.

Die Würzburger Kickers ließen sich am Montag für die Entscheidung feiern, keinen Protest gegen die 1:3-Niederlage in der 2. Fußball-Bundesliga beim Hamburger SV einzulegen. Sie hatten einen Verteidiger nicht einsetzen dürfen; später kam heraus, dass sein positiver Test falsch war. Wieder einmal schaut der Fußball nicht über den eigenen Tellerrand und erkennt so nicht, in welch privilegierter Lage er noch ist.

Ob Basketball-Chef Stefan Holz im Recht ist, wenn er die Quarantäne ganzer Teams ablehnt, ist trotz des berechtigten Frusts über die Ungerechtigkeit fraglich. Soll wirklich der Gesunderhaltung der Bevölkerung alles untergeordnet werden - und das behaupten alle Klub- und Ligabosse sportartenübergreifend -, dann ist die Quarantäne aller Kontaktpersonen nun mal der sicherere Weg. Außerdem hat die Spielzeit gerade erst begonnen, und man kann viel nachholen, wenn sich das Infektionsgeschehen abschwächt. Das musste auch Holz zugeben: »Noch ist alles machbar, wir sind ganz früh in der Saison und die ist lang. Aber es ist schwierig.«

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