Museveni lässt Bobi Wine festsetzen
Anhänger*innen des »Ghetto President« in Uganda liefern sich Auseinandersetzungen mit der Polizei
Der ugandische Sänger Bobi Wine, Spitzname »Ghetto President«, der zu den 100 einflussreichsten Afrikaner*innen des Jahres gehört, wurde kurz nach seiner Nominierung für die Präsidentschaftswahlen im nächsten Januar erneut verhaftet. In der Folge brachen Auseinandersetzungen zwischen seinen Anhänger*innen, die ihn in großer Zahl begleiteten, und der Polizei aus, die Tränengas einsetzte. Es gab mehrere Verletzte auf beiden Seiten und die Polizei nahm mehr als 50 Personen fest.
Seit Bobi Wine, bürgerlich Robert Kyagulanyi Ssentamu, nach einer Kampagne mit viel Basisarbeit 2017 in das Parlament einzog, wurde er besonders für seine Kritik an der Regierung Ugandas und die darauf folgenden Verhaftungen bekannt. Zum Markenzeichen seiner »People Power«-Bewegung wurden rote Barrets, die wegen ihrer Popularität von der Regierung letztes Jahr als »militärische Bekleidung« für Zivilist*innen verboten wurden. Im Juli gaben führende Persönlichkeiten seiner Bewegung und der Oppositionspartei National Unity Platform (NUP) bekannt, dass er zum Vorsitzenden der NUP gewählt wurde. In den vergangenen Wochen wurden mehrmals Räume der Partei durchsucht und teilweise wichtige Dokumente mit Unterschriften für den Wahlantritt beschlagnahmt. T-Shirts und rote Barrets sollen konfisziert und Menschen wegen des Handels mit vermeintlichen Uniformen verhaftet worden sein.
Der Student Enock Jjumba kann sich nicht mehr daran erinnern, wie oft Wine inzwischen verhaftet wurde. »Er repräsentiert die Misere der urbanen Jugend, in einer freien und fairen Wahl würde er in den Städten mit deutlichem Vorsprung gewinnen«, erzählt er dem »nd«. Doch es gebe keinen Raum für ihn, wirklich eine Kampagne zu führen. Besonders in ländlichen Gebieten würde Amtsinhaber Yoweri Museveni durch Zwang und Bestechung gewinnen.
Museveni ist seit 1986 Präsident. Damals ergriff er in den Unruhen nach einem Militärputsch gegen den eher links orientierten Milton Obote mit Hilfe seiner Nationalen Widerstandsbewegung (NRM) die Macht.
Nun hat sich die Opposition hinter Bobi Wine versammelt, um eine weitere Amtszeit zu verhindern. Nicht alle seien überzeugt vom Programm der NUP, sagt Jjumba, doch sie seien auf ihn und seinen Einfluss angewiesen. »Die NUP verspricht jungen Menschen seit langem, die Korruption und die ungleiche Verteilung der nationalen Reichtümer zu beenden und Jobs zu schaffen. Aber vor allem gibt sie ihnen Hoffnung, dass die NRM nicht so unersetzbar ist, wie sie seit Generationen glauben macht.«
Die Art politischer Repression, wie sie zuletzt auch bei den Wahlen in Tansania für Aufmerksamkeit gesorgt hat, hat in Uganda eine längere Geschichte. Kizza Besigye, der viermal für das Forum Demokratischer Wandel zu den Wahlen antrat, wurde nach Angaben des ugandischen »Daily Monitor« in zwanzig Jahren 1023 Mal festgenommen, aber dabei kein einziges Mal verurteilt. 2021 will Besigye jedoch nicht mehr antreten, da die Wahlkommission keine freien und gleichen Wahlen garantieren könne.
In sozialen Medien kursieren Videos und Bilder, die Polizei und Militär dabei zeigen sollen, Wahlplakate der Opposition durch Plakate von Museveni zu ersetzen. Öffentliche Angestellte sollen vor die Wahl gestellt worden sein, zu kündigen oder gefeuert zu werden, sollten sie nicht die Regierungspartei NRM unterstützen. Laut Gesetz sollen sich Beamte zwar nicht politisch engagieren, was auch bedeutet, dass sie die Regierungspartei nicht öffentlich unterstützen dürften, aber die Entscheidung über ihre Stimme kann ihnen nicht vorgeschrieben werden. »Momentan ist die Regierung in Panik«, meint Jjumba. »Sie bauen Milizen auf, um Leute in den Städten zu beeinflussen und Angst zu erzeugen.«
Nachdem es seit der Festnahme von Wine weitere Zusammenstöße zwischen Protestierenden und der Polizei gab, ist der neueste Trend auf Twitter »Stop Police Brutality in Uganda«. Präsident Museveni forderte ebenfalls via Twitter dazu auf, Ruhe zu bewahren. »Wer Unheil anrichten will, wird scheitern«, schrieb er.
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