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Grund mehren und behalten

Linksfraktion will Verkauf von Landesgrundstücken per Gesetz ausschließen

  • Nicolas Šustr
  • Lesedauer: 5 Min.

»Wir wollen das Gemeinschaftsvermögen der Berlinerinnen und Berliner den politischen Konjunkturen entziehen«, sagt Steffen Zillich, Haushaltsexperte der Linksfraktion im Abgeordnetenhaus. Gelingen soll dies nach den Vorstellungen der Fraktion mit einem Bodensicherungsgesetz. Er stellt diesen Plan erstmals öffentlich bei der Sitzung des Runden Tisches Liegenschaftspolitik am vergangenen Freitag vor. Seit Ende 2012 tauschen sich in dem Gremium Zivilgesellschaft, Politik und Verwaltung über den Umgang mit dem Boden in der Hauptstadt aus. Initiiert wurde es von der Initiative Stadt Neudenken.

Das von Zillich intendierte Gesetz soll dazu dienen, alle Grundstücke, die dem Land Berlin mittelbar oder unmittelbar gehören, gemeinsamen Rechtsprinzipien zu unterwerfen. Viele Liegenschaften gehören zum Beispiel Landesunternehmen wie den Wohnungsbaugesellschaften, den Wasser- oder Verkehrsbetrieben, außerdem den Bezirken oder auch dem Land direkt in verschiedenen Verwaltungsstrukturen. »Eine Zusammenführung des Vermögens aus unterschiedlichen Töpfen ist fast unmöglich«, so Zillich.

Das Gesetz wurde auf Basis von drei Grundprinzipien entwickelt. »Zunächst ganz schlicht den Berliner Grund und Boden zu sichern«, sagt der Haushaltspolitiker. »Über ein öffentlich zugängliches Kataster soll Transparenz hergestellt werden«, nennt er Prinzip zwei. Außerdem soll die Stadtgesellschaft an den Entscheidungen über die Nutzung beteiligt werden.

Kleine Ausnahmen vom Verkaufsverbot soll es dennoch geben. So sollen sogenannte Arrondierungsflächen, oft kleine oder sehr ungünstig geschnittene Grundstücke, die einzeln kaum nutzbar sind, weiter den Besitzer wechseln dürfen. Auch der Tausch von Grundstücken soll möglich sein. Ansonsten soll die Grundstücksvergabe nur noch im Erbbaurecht möglich sein.

»Ich bin schon eine ganze Weile dabei und habe Zeiten erlebt wo alles in der Haushaltsnotlage zum Verkauf stand. Wenn man nicht weiß, wie man die Pflichtausgaben finanziert, ist es nicht ganz abwegig. Zum Glück hat sich das verändert. Aber auch die Immobilien sind nachhaltig weg«, berichtet Zillich, warum er auch ganz persönlich von der Notwendigkeit des Gesetzes überzeugt ist. Zumal mit der Corona-Pandemie die nächsten Haushaltskrisen in Sichtweite sind.

In der Koalition gebe es zum Gesetz noch keinen Diskussionsstand, erklärt Zillich. Das wäre auch sehr schnell, denn der Arbeitsentwurf der Linksfraktion dazu wurde erst am Donnerstag an die Fraktionen von SPD und Grünen verschickt.

Doch Grünen-Wohnungsexpterin Katrin Schmidberger reagiert in der Diskussion am Freitag schon mal positiv. »Ein Gesetz ist ein gutes Mittel, um uns in die Spur zu schicken. Ich hoffe sehr, dass wir uns zu dritt zusammenraufen.«, sagt Schmidberger.

Dass ein derartiges Gesetz noch in dieser Legislaturperiode verabschiedet werden kann, hält Steffen Zillich für eher unwahrscheinlich. »Aber zumindest Teile davon könnten umgesetzt werden. So der Bodenbeirat, auch könnten Mitglieder der Zivilgesellschaft in den Aufsichtsrat des Berliner Bodenfonds entsandt werden«, so der Linke-Haushaltspolitiker

Beim Runden Tisch wird der Vorschlag wohlwollend aufgenommen. »Ein Bodenbeirat müsste nicht unbedingt bei der Einzelfallentscheidung dabei sein, sondern die Festlegung der Kriterien für Erbbaurechtsvergaben und für Ankäufe transparent bekommen«, sagt Stadtaktivistin Daniela Brahm. Mit dieser Einschätzung kommt sie sowohl Zillich als auch der Geschäftsführerin der landeseigenen BIM Berliner Immobilienmanagement entgegen. »Schwierigkeiten hätte ich damit, wenn man versucht, einzelne Grundstücksfälle basisdemokratisch zu entscheiden«, erklärt Birgit Möhring. Unter anderem deswegen, weil bei Verhandlungen schnell entschieden werden müsse.

Ankaufsverhandlungen führt Möhring derzeit für die neue BIM-Tochter Berliner Bodenfonds GmbH. Konkret geht es um Grundstücke der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA). Sie nennt ein »Riesengrundstück am Askanierring« in Spandau. Die Wirtschaftsverwaltung möchte diesen Teil der ehemaligen Kaserne weiter als Gewerbestandort erhalten. Außerdem sollen dem landeseigenen Klinikkonzern Vivantes Flächen abgekauft werden, die dieser nicht mehr benötigt. Nicht nur mit der BImA wird seit Jahren über Ankäufe verhandelt, auch mit der Deutschen Bahn gibt es inzwischen Gespräche. 290 Millionen Euro kann der neue Bodenfonds im Doppelhaushalt 2020/2021 für den Ankauf von Grundstücken ausgeben. »Wir werden in diesem Jahr noch das erste Grundstück kaufen, denke ich«, sagt BIM-Chefin Birgit Möhring. »Die Ideen, die hier so existieren, was angekauft werden könnte, überzeichnen deutlich, was an Kapital zur Verfügung steht«, dämpft sie übertriebenen Optimismus.

Der Erfolg der neuen Liegenschaftspolitik für die Stadtgesellschaft steht und fällt auch mit der Höhe der Erbpachtzinsen. Angesichts des allgemeinen Zinstiefs und hoher Bodenwerte, auf deren Basis die Finanzverwaltung diese berechnet, ist die jährlich fällige Pacht zu hoch für viele gemeinwohlorientierte Zwecke. »Wir liegen in Berlin nicht schlechter als andere Bundesländer. Wir liegen jetzt schon in einem sehr ordentlichen Bereich«, verteidigt Martin Dettlaff von der Senatsfinanzverwaltung den Status Quo. Allerdings gebe es aktuell »intensive Abstimmungen, die Erbbauzinsen im Land Berlin generell zu senken«. Vor Weihnachten will man ein Ergebnis präsentieren.

Aktivistin Daniela Brahm begrüßt es, dass die bisher angewandte Behelfslösung, die Erbbauzinsen für 20 Jahre zu halbieren, dann einer endgültigen Lösung weichen soll. Welche Zinssätze dafür im Raum stehen, will Dettlaff allerdings nicht verraten.

Auch die rot-rot-grüne Koalition im Abgeordnetenhaus diskutiert die Frage. »Vor allem darf die Bodenwertermittlung nicht daran gemessen werden, was im Bodenwertatlas steht, sondern an dem, was der Pächter erwirtschaften kann«, sagt Haushälter Zillich. Die hohen Bodenpreise dürften nicht durchschlagen.

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