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Corona-Stress an der Charité

Beschäftigte kämpfen um Wiedereingliederung, Zahl der Covid-Patienten steigt

  • Moritz Schmöller
  • Lesedauer: 3 Min.

Die Lage ist angesichts des massiven Anstiegs von Neuinfektionen mit dem Coronavirus offenbar so ernst, dass sich der Chef des Berliner Universitätsklinikums Charité, Heyo Kroemer, und der Vorstand der Krankenversorgung, Ulrich Frei, kürzlich in einer Videobotschaft an die Beschäftigten gewandt haben. Dieses Mal sei es anders als im Frühjahr, heißt es dort.

Verschiebbare Eingriffe, so die Botschaft, sollen abgesetzt und nur noch Patienten mit akuten schweren Krankheitsbildern oder nicht aufschiebbaren Operationen versorgt werden. Personal von Stationen und OP-Sälen soll auf die Covid-Stationen umgelenkt werden. Besonders alarmierend ist, dass die Infektionszahlen bei den Beschäftigten laut Charité-Aussagen bereits doppelt so hoch sind wie bei der ersten Welle im Frühjahr. 90 Prozent der Betroffenen hätten sich im privaten Umfeld infiziert, nur fünf Prozent am Arbeitsplatz. Die Videobotschaft löste in Gewerkschaftskreisen einen Sturm der Entrüstung aus.

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Die Berliner Aktion gegen Arbeitgeberunrecht (BAGA) forderte bereits kurz nach Bekanntwerden die Klinikleitung und den Senat auf, die ausgegliederten Beschäftigten der Charité Facility Management (CFM) wieder in den Mutterkonzern zu integrieren, damit diese ihren Hungerlohn nicht mit Zweitjobs aufbessern und sich so einem erhöhten Ansteckungsrisiko aussetzen müssen. Garant für die finanzielle Absicherung sei der Tarifvertrag des öffentlichen Dienstes (TVöD).

Heyo Kroemer hatte noch im August in einem Pressegespräch in Abrede gestellt, dass Reinigungskräfte nach TVöD bezahlt werden müssen. Fakt ist: Die Beschäftigten der CFM sind seit 14 Jahren aus dem Mutterunternehmen ausgegliedert, haben keinen Tarifvertrag und verdienen im Monat bis zu 800 Euro netto weniger als das Stammpersonal der Charité. Obwohl im rot-rot-grünen Koalitionsvertrag vom Dezember 2016 »gleicher Lohn für gleichwertige Arbeit« vereinbart worden war, geht das Lohndumping weiter.

Statt die Vorgaben aus dem Koalitionsvertrag umzusetzen, vollzog die Geschäftsführung unter der Aufsicht des Senats zwei Kündigungen gegen Mitglieder der Verhandlungskommission. Ihnen werden Diskriminierungen vorgeworfen. Die Gewerkschaft Verdi beabsichtigt, mit den Gekündigten als Verhandler in die am Donnerstag nächster Woche beginnende Schlichtung des Tarifkonflikts zu ziehen. Die Geschäftsführer pochten zuletzt noch auf deren Ausschluss aus den Verhandlungen. Der Vorstand der Charité hatte dann aber eingeräumt, dass es sich bei der Ablehnung um ein Missverständnis gehandelt habe. Die Gekündigten verhandeln also weiter, obwohl völlig offen ist, wie ihre Kündigungsschutzklagen später ausgehen werden.

Als mögliche Schlichter hat Verdi den ehemaligen Ministerpräsidenten Brandenburgs Matthias Platzeck, den Ex-Landtagspräsidenten Gunter Fritsch sowie den einstigen niedersächsischen Finanzminister Jürgen-Peter Schneider (alle SPD) angefragt. Vorher hatte die Gewerkschaft bereits den Bundestagsabgeordneten Gregor Gysi (Linke) als Schlichter vorgeschlagen. Dieser hatte auch zugesagt. Aus Beschäftigtenkreisen war aber zu vernehmen, dass man auf Senatsseite offenbar nicht erbaut gewesen sei über die Idee, den Linke-Politiker einzubinden. Es wäre laut Verdi keine Mehrheit für Gysi zustande gekommen. Die Gewerkschaft plant nun, eine Streikwache vor dem Roten Rathaus zu errichten, um den Senat an seine Versprechen zu erinnern. Der Senat dürfte somit im Wahljahr weiter unter Druck geraten.

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