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Solidarität statt Abschiebung
In Berlin mahnt ein Zeltlager zu einer humanen Flüchtlingspolitik
Die vielbeschworene Einigung der EU-Länder auf eine gemeinsame Migrations- und Asylpolitik steht immer noch aus. Derweil harren über Zehntausend Menschen in Camps auf den griechischen Inseln aus und blicken einem Winter im Freien ohne Heizung und warmes Wasser entgegen. Roman Rodríguez, der Vize-Regierungschef der Kanaren, warnte jüngst vor ähnlichen Zuständen auf der Inselgruppe im Atlantik.
Um auf die menschenunwürdigen Zustände an den europäischen Außengrenzen aufmerksam zu machen, baute am Sonntag ein Bündnis der Initiativen Europe Must Act, LeaveNoOneBehind, Rethinking Refugees - Knowledge and Action, Seebrücke und SOSMoria in einer symbolischen Protestaktion das im September abgebrannte Camp Moria vor dem deutschen Bundestag für 24 Stunden wieder auf. Rund 80 Zelte wurden von den Organisator*innen bereitgestellt, die im Anschluss an die Aktion an Geflüchtete in Bosnien gespendet werden sollen. Demonstrant*innen wurden dazu aufgerufen, weitere Zelte mitzubringen und sich so am Protest zu beteiligen. Auch die Beteiligung über das Internet war - und ist am Montag weiterhin - möglich: Etwa über ein Webinar, Banneraktionen und Einträge in den sozialen Medien. Für Montagmorgen um 10 Uhr ist ein konzertierter »Twitterstorm« angekündigt.
Mit dieser entzerrten und möglichst pandemiekonformen Protestform fordern die Initiativen zum einen die schnelle Evakuierung der Flüchtlinge aus den Camps an den EU-Außengrenzen. Zum anderen richten sie sich gegen den im September vorgeschlagenen Migrationspakt der EU-Kommission, der beschleunigte Asylverfahren an den Außengrenzen und schnellere Abschiebungen abgelehnter Asylsuchender vorsieht. Osteuropäische Länder wie Ungarn haben aber auch diese Pläne abgelehnt, weil sie weiter Quoten für die Verteilung von Flüchtlingen in der EU enthalten. Auch bei dem Treffen der EU-Innenminister*innen am vergangenen Freitag konnte keine Einigung erzielt werden. Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) hofft dennoch auf eine Grundsatzeinigung der EU-Staaten zur Asylreform noch in diesem Jahr, ließ er verlauten.
Heike Gumz von der Initiative »Europe Must Act«sieht indessen die Idee, dass es noch eine europäische Lösung in der Asylpolitik geben wird, für gescheitert an: »Darauf sollte man nicht mehr warten. Wir brauchen stattdessen jetzt eine Gemeinschaft der willigen Staaten, die die Initiative übernehmen,« so die Sprecherin des Protestbündnisses gegenüber »nd«. »Das bestehende System funktioniert nicht länger.« So steht es selbst in einem Statement der Europäischen Kommission. Trotzdem nun den zweiten Versuch eines gemeinsamen Plans aufzusetzen - damit werde man bloß Jahre verlieren, die man für eine konstruktive Lösung hätte verwenden können, so Gumz. Statt eines »robusten« Solidaritätsmechanismus setze man auf eine »Solidarität der abschiebenden Länder«. Und damit Menschenleben aufs Spiel.
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